Full text: Handbuch der Botanik (1. Abtheilung, 1. Theil, 4. Band)

    
272 Die Pilze. 
Man vermuthet, dass die Vorfahren der Ersteren wasserbewohnende Algen 
waren, die etwa ähnliche vegetative und fructificative Charaktere zeigten, wie die 
heute mit dem Namen der Schlauchalgen (Siphoneen) bezeichnete Algen-Familie. 
Gründe zu dieser Vermutbhung lieferte die Thatsache, dass die Repräsentanten 
gewisser Familien der Phycomyceten und zwar der Zeronospora-artigen, der 
Saprolegnia-artigen und Chytridium-artigen, die noch jetzt an das Wasserleben 
gebunden sind, in ihrem einzelligen Thallus sowohl, als in ihren Fortpflanzungs- 
organen frappante Analogieen mit den Siphoneen erkennen lassen. Diese 
'T'hatsache hat ihren Ausdruck darin gefunden, dass Systematiker und Morpho- 
logen die Saprolegnia-artigen Phycomyceten bald den Pilzen, bald den Algen 
zurechneten!) und J. SAcHs in seinem Lehrbuche der Botanik die Schlauch- 
algen und die Algenpilze zu einer gemeinsamen Gruppe, den Coeloblasten, 
vereinigte; und wenn auch diese Gruppirung sich aus praktischen Gründen nicht 
aufrecht erhalten liess, so hat sie jedenfalls das Verdienst, die Analogieen beider 
Familien in bestimmter Weise betont zu haben. 
Wenn man die Algenpilze in der bisherigen Begrenzung belässt, d. h. 
auch die Synchytrium-artigen (SyncAytrium, Woronina, Olpidiopsis, Rozella, 
Reesia etc.) darunter begreift, die einen ausgesprochen-plasmodialen vege- 
tativen Zustand besitzen, so wird sich nichts einwenden lassen gegen die in 
neuerer Zeit zu mehrfacher Aeusserung gelangte Ansicht von Verwandtschafts- 
beziehungen zwischen Algenpilzen und Monadinen, also thierischen 
Organismen.2) Allein es erscheint mir angemessener, jene kleine Familie der 
SyncAytrium-artigen Organismen — entgegen dem bisherigen Brauch — von den 
Chytridiaceen und den Algenpilzen überhaupt abzutrennen und zwar aus dem 
Grunde, weil plasmodialer Charakter den vegetativen Zuständen der 
Eumyceten durchaus fremd ist. } 
In Consequenz dieser Abtrennung würden natürlich auch verwandtschaft- 
liche Beziehungen zwischen Algenpilzen und Monadinen nicht an- 
zunehmen sein. 
Aehnliche Verwandtschaftsbeziehungen, wie sie zwischen Phycomyceten 
und gewissen Algen (Siphoneen) bestehen, scheinen auch zwischen Mycomy- 
ceten und gewissen anderen Algengruppen vorhanden zu sein, speciell zwischen 
den Schlauchpilzen (Ascomyceten) und den Rothtangen (Florideen) und zwar 
mit Rücksicht auf bestimmte Formen der Fructification. 
Fassen wir die Verwandtschaftsbeziehungen der Eumyceten zu den übrigen 
niederen Organismen zusammen, so werden wir zu sagen haben, dass jene Klasse, 
begrenzt wie oben, in morphologischer Richtung keine Annäherung an die 
Spaltpflanzen (speciell die Spaltpilze), keine Annäherung an niedere 
Thiere, dagegen deutliche Annäherung an gewisse Algengruppen zeigt. 
In physiologischer Beziehung findet eine Annäherung nur an die Spaltpilze 
statt, auf Grund der Aehnlichkeit der Zersetzungswirkungen im Substrat. 
!) Vergl. PRINGSHEIM, Beiträge zur Morphologie und Systematik der Algen II. Die Sapro- 
legnieen. PRiNGsH. Jahrb. Bd. II, pag. 284. 
2) Vergl. z. B. J. KLEIN, Vampyrella, ihre Entwickelung und systematische Stellung. Bot. 
Centralbl. Bd. XI., No. 5—7 (1882). 
  
  
  
  
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
     
   
  
   
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