372 Die Pilze.
Ascomyceten auszeichnet. Am ausgesprochensten tritt derselbe bei den
Schläuchen der Sordarien hervor, die sich bis auf das fünffache ihrer ursprüng-
lichen Länge und das drei- bis vierfache ihrer ursprünglichen Weite zu dehnen
vermögen. In Fig. 58 I u. II sind die verschiedenen Stadien der Dehnung zur An-
schauung gebracht durch die Reihenfolge der Buchstaben a—pg.
B. Plasma (Cytoplasma).
Es stellt, wie in den Zellen aller anderen Organismen, eine zähflüssige Masse
dar, in welche kleine stärker lichtbrechende Körperchen emulsionsartig vertheilt
sind. Die letzteren, Mikrosomata genannt, nehmen mit Jod gelbe Färbung an
und speichern mit Leichtigkeit Anilinfarbstoffe, wie es Proteinkörper thun, während
jene zähflüssige Grundmasse diese Eigenschaften nicht zeigt.
Das Cytoplasma grenzt sich nach aussen durch eine feine Haut (Primordial-
schlauch Mour's, Hautschicht PRiNGsHEIMS) ab. Um sie sichtbar zu machen, wendet
man wasserentziehende Mittel (z. B. Zuckerlósung) an, worauf sie sich, wie sich
wenigstens an grösseren Zellen constatiren lässt, von der Zellwand abhebt.
Jeder Plasmakörper ist der äusseren Gestaltveränderung (Metabolie oder
Amoeboidität) fähig. Er kann aber selbstverständlich diese Fähigkeit nur dann
äussern, wenn er nicht von einer Zellwand umschlossen ist. Solche hautlose
Plasmakörper trifft man nur in der Gruppe der Algenpilze, speciell bei Chytri-
diaceen, Saprolegniaceen und Lagenidieen, Pythieen und manchen
Peronosporeen an. Hier treten sie in Form von Schwärmsporen (Zoosporen)
auf, Die metabolischen Erscheinungen derselben sind am ausgesprochensten
bei den Chytridiaceen, wo sie schon SCHENK!) beobachtete, dagegen nicht be-
sonders auffällig bei den übrigen Algenpilzen. Doch geht auch bei den Schwärmern
der Chytridiaceen die Metabolie niemals so weit, dass, wie etwa bei den Mona-
dinen, lange und spitze Pseudopodien entwickelt würden, vielmehr nehmen die
Plasma-Fortsátze nur mehr breite und stumpfe Formen an.
Die in Rede stehenden nackten Plasmakórper sind ferner mit eigenthümlichen
feinfádigen Anhangsorganen versehen, welche die schnelle Ortsveránderung der
Schwármer bewirken, und als Cilien, Geisseln oder Flagellen bezeichnet werden.
Bei den Chytridiaceen treten sie fast durchweg in der Einzahl, bei den
übrigen Algenpilzen in der Zweizahl auf, entweder in polarer oder in lateraler
Stellung. "Wo grosse Feinheit, geringes Lichtbrechungsvermógen und lebhaftes
Spiel dieser Organe den Nachweis erschweren, hat man zu fixirenden und
tingirenden Mitteln, wie Jodlósung, Chromsáure etc.zu greifen. Beim Schwärmen
werden die Cilien entweder vorangetragen (Saprolegnia) oder nachgeschleppt (viele
Rhizidienartige Chytridiaceen.)
Die Zoosporen scheinen durch die Cilien in der Art in Bewegung gesetzt zu werden, dass
sie sich um ihre Achse drehen. Von Seiten derjenigen Schwürmer, welche seitliche Cilien
zeigen, werden, wie man durch die Beobachtung leicht constatiren kann, andere Schwürmbahnen
beschrieben, als durch solche mit terminalen Cilien. Nach meinen Beobachtungen?) weist die
Schwürmbahn der Zoosporen von Rhizophidium Pollinis (A. Pr.) in den meisten Füllen eine
Zickzacklinie auf, mit gewöhnlich spitzen Winkeln. Die Winkelpunkte stellen zugleich Ruhe-
stationen dar, wo die Cilie sich stark contrahirt. Genaue Beobachtungen über die Schwürm-
bahnen anderer Zoosporen liegen meines Wissens nicht vor.
1) Ueber contractile Zellen im Pflanzenreiche. Physik.-med. Gesellsch. Würzburg 1857
und Jenenser Gratulationsschrift. Für viele Chytridiaceen habe ich selbst Angaben auffilliger
Amóboiditit gemacht: Zur Kenntniss der Phycomyceten. Nova acta Bd. 47. Nr. 4.
2) Ueber einige niedere Algenpilze (Phycomyceten) Halle 1887.