Full text: Handbuch der Botanik (1. Abtheilung, 1. Theil, 4. Band)

          
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
   
   
     
   
   
  
   
  
   
   
  
   
   
    
    
   
  
  
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Abschnitt TV. Physiologie. 433 
treten. Es kann aber auch sein, dass in manchen Fillen erst beim Tode der 
Zellen gewisse farbenverändernd einwirkende Stoffe erzeugt werden. 
Schöne Beispiele für die Farbenwandelung beim Absterben liefern nach E. 
BACHMANN's und meinen Untersuchungen: Gomphidius viscidus und glutinosus, SO- 
wie Cortinarius cinnamomeus. Beide enthalten im frischen jugendlichen Zustande 
ein gelbes wasserlósliches Pigment. Tódtet man nun solche Zustände, z. B. durch 
Hineinwerfen in Alcohol absolutus schnell ab, so geht die gelbe Farbe des Stieles 
fast augenblicklich in Himbeerroth oder Rotbraun über, und es entsteht nach- 
weislich aus dem gelben wasserlóslichen Pigment ein rothbraunes Har. Der 
selbe Process geht langsam auch im Freien vor sich, alte todte Exemplare von 
Cortin. cinnamomeus sind daher nicht mehr gelb, sondern rothbraun bis purpur- 
braun resp. schmutzig braun. 
Diese Umwandlung beruht wahrscheinlich darauf, dass durch die Abtódtung 
oxydirende Stoffe in Wirksamkeit treten, denn der gelbe wasserlósliche Farb- 
stoff kann durch Oxydationsmittel, wie Salpetersäure, in einen rothbraunnen, 
harzartigen Kórper umgewandelt werden. 
Andererseits ist allbekannt, dass Pilzzellen beim UebergangindenRuhezu stand 
ihre Wandungen mehr oder minder stark verfárben, wobei meistens ganz dunkle 
Tóne entstehen. Die Sporen der Brandpilze, vieler Hutpilze und Bauchpilze, 
vieler Schlauchpilze (z. B. Sordarien, Ascobolus-Arten), die Zygosporen der Muco- 
raceen, die meisten Gemmenbildungen sind Beispiele hierfür. 
Eigenthiimlicher Weise scheinen solche dunkele Farbstoffe in den gewöhn- 
lichen Lösungsmitteln fast oder ganz unlöslich zu sein, während sie sich in früheren, 
helleren Stadien (gelb, roth, blaugrün) meist unschwer extrahiren lassen. 
Man kann diesen Vorgang mit KRUKENBERG!) kurz als »Melanosec be- 
zeichnen. Er ist bisher unerklärt geblieben. 
Vielleicht beruht er auf ähnlichen Ursachen, wie die Farbstoff-Umwandlungen bei eintreten- 
dem Tode der Zellen. Erlischt doch mit dem Uebergange der Sporen in den Dauer- oder 
Ruhezustand die Lebensthätigkeit ebenfalls bis zu einem gewissen Grade. Eine oxydirende 
Wirkung des atmosphärischen Sauerstoffs, der z. B. zu den Hymenien der Hutpilze schon frühzeitig 
Zutritt hat, mag auch mit ins Spiel kommen. 
VIII. Glycoside. 
Coniferin dürfte wahrscheinlich in »verholzten« Zellháuten vorkommen, da 
es wie diese die Phenolreaction (durch Phenol und Salzsáure Grün- bis Blau- 
fárbung) giebt. (Auch das Spaltungsprodukt des Coniferins, das Vanillin, dürfte, 
weil es die Phloroglucinreaction zeigt, Bestandtheil verholzter Pilzmembranen sein). 
IX. Pflanzenbasen oder Alkaloide. 
Wahrscheinlich werden Alkaloide seitens zahlreicher Pilze producirt, nament- 
lich der giftigen Hut- und Bauchschwámme, doch hat man nur erst einige wenige 
dieser Stoffe isolirt nämlich: 
1. Das Muscarin. (SCHMIEDEBERG und KoppE). C,H,;NO;. Es kommt 
in den Früchten des Fliegenpilzes (Amanita muscaria) vor. Die berauschende 
Wirkung, welche der Genuss des Fliegenpilzes hervorbringt (die Bewohner Ost- 
sibiriens bereiten ein berauschendes Getränk daraus), beruht vielleicht auf der 
Gegenwart dieses Alkaloids. Der Gehalt an dieser Base wechselt übrigens nach 
dem Standort des Pilzes. 
— 
1) Vergleichende physiol. Studien. Reihe II. Abth. III, pag. 41— 6r. 
   
  
  
  
  
 
	        
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