Full text: Handbuch der Botanik (1. Abtheilung, 1. Theil, 4. Band)

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Abschnitt IV. Physiologie 471 
2. Temperatur. 
Wie bei allen übrigen Organismen, so stehen auch bei den Pilzen die Lebens- 
processe in Abhängigkeit zur Temperatur. 
Diejenigen Temperaturgrade, bei welchen der betreffende Process sich am 
energischsten gestaltet, bezeichnet man als Temperatur-Optimum, von diesem 
nach abwärts, dem Nullpunkte zu, sowie nach aufwärts nimmt die Energie des 
betreffenden Processes ab. Die unterste Grenze, bei der irgend eine Lebens- 
thátigkeit noch erfolgen kann, pflegt man Temperatur-Minimum, die oberste 
Temperatur-Maximum zu nennen. Bei jeder genaueren Temperaturbestimmung 
für irgend einen Lebensvorgang handelt es sich immer um Feststellung dieser 
drei Cardinalpunkte (Minimum, Optimum, Maximum). Doch sind Unter- 
suchungen dieser Art nur erst für wenige pilzliche Objekte durchgeführt worden. 
Was zunüchst die Keimungstemperatur anlangt, so liegt, um vorerst die 
vollstándigeren Untersuchungen zu erwähnen, nach WIEsNER!) für die Conidien von 
Penicillium glaucum: gh : 
Das Minimum bei r,5—2? C. 
p» Optimum. ,, 229, 
» Maximum ,, 40—43° ,, 
nach WETTSTEIN 2) fiir die Conidien von Riodomyces Kochi: 
Das Minimum bei 2— 4°C. 
» Optimum ,, 20—40?,, 
» Maximum , g0% ,, 
Nach H. HorFMANN?) erfolgt die Keimung der Conidien von Zofryfis cinerea 
schon bei 1,6° C., der Sporen von Ustilago Carbo bei o,5—1° C., von Ustilago 
destruens noch nicht bei 6? C., nach pE Banv?) die der Conidien von Cystopus 
candidus bei 5? C. Wahrscheinlich liegt bei andern Pilzen das Minimum noch 
wesentlich höher. Giebt doch BmErELD5) an, dass das Letztere für gewisse Z//o- 
bolus-, Ascobolus- und andere Basidiomyceten-Species 35—40? C. betrage, also 
etwa der Korpertemperatur entspreche. Jedenfalls schwanken hiernach die 
Keimungsminima der Pilze in denselben weiten Grenzen wie die der Spaltpilze. 
Mit der Keimungstemperatur dürfte wohl die der kräftigen Mycelent- 
wickelung vielfach zusammenfallen, in manchen Fällen mag sie etwas höher 
liegen. Doch fehlen genaue Ermittelungen hierüber. 
Nach sorgfältigen vergleichenden Untersuchungen E. CHr. HANnsens®) fallen 
die Temperatur-Minima und Maxima der verschiedenen Bier- und Weinhefen mit 
Bezug auf die Kahmhautbildung unter den angegebenen Bedingungen (Cultur 
in Bierwürze in Kolben) wie folgt aus: 
"Minimum Maximum 
} bei 5—6? C. zwischen 34 u. 38°C, 
Saccharomyces. cerevisiae I 
3 ellipsoïdeus I 
» Pastorianus I 
» S II » 3—5?C. » 28 1.34? C. 
) p» III 
n ellipsoïdeus IL, 3—5°C. » 38 u. 40? C. 
!) Sitzungsber. d, Wiener Akad. Bd. 68 I. (1873), pag. 5 ff. 
?) ebenda Bd. 91 (1885), pag. 40. 
3) Jahrb. f. wissenschaftl. Botanik II (1860), pag. 267. 
^) Morphol, pag. 375. 
3) Schimmelpilze IV, pag. 20. 
8) Recherches sur la physiologie et la morphologie des ferments alcooliques. VI. Les voiles chez le 
genre Saccharomyces (Résumé du compt. rend. des travaux du laborat. de Carlsberg. Copenhague 1886) 
SCcHeNK, Handbuch der Botanik, Bd, IV. 31 
       
    
    
    
    
    
    
   
   
    
    
     
  
   
    
    
  
    
     
   
   
   
   
  
   
     
     
   
  
  
  
   
    
  
  
  
  
  
	        
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