Full text: Handbuch der Botanik (1. Abtheilung, 1. Theil, 4. Band)

  
  
  
  
  
  
  
   
480 Die Pilze. 
Treffen in die Luft wachsende Myceläste (Stolonen) von Mucor stolonifer 
(Fig. 65 s/) mit ihrem Ende auf einem festen Gegenstand, z. B. auf die Glaswand 
des Culturgefässes, so bilden sich unmittelbar an diesem Ende zahlreiche kurze 
Seitenzweige in rosettenfórmiger Anordnung, welche sich dem Substrat dicht an. 
schmiegen und als Haftorgan (Appressorium) fungiren (Fig. 65 bei @), während 
mehr oder weniger vertikal zum Substrat 2 bis mehrere Sporangienträger ent- 
stehen. Etwas Aehnliches kommt, wie bereits früher (pag. 283) bemerkt, bei der 
Sclerotinia sclerotiorum (LiB.) vor, aber mit der Modification, dass nicht Haft. 
rosetten, sondern quastenfórmige Haftbüschel (Fig. 6, III. IV.) gebildet werden, 
deren Entstehung ebenfalls schon (pag. 283) geschildert wurde. Auch diese Er. 
scheinungen dürften als eine Folge von Berührungsreizen aufzufassen sein, wie 
insbesondere auch aus den Experimenten WORTMANN’s!) mit Mucor stolonifer her- 
vorgeht. Die Reizbarkeit der Stolonenspitze dieses Pilzes konnte er u. A. auch 
auf folgende Art nachweisen. In ein horizontal gestelltes, mit dem Mucor be- 
säetes Substrat wurden einige äusserst dünne Glasfäden von etwa 4—5 Centim, 
Länge vertikal hineingesteckt. Die nach einigen Tagen aus dem Substrat her- 
vorgetretenen Stolonen waren z. Th. mit ihrer Spitze mit einem der Glasfäden 
in Berührung gekommen, hatten ihr Spitzenwachsthum aufgegeben und an der 
Berührungsstelle Fruchtträger getrieben. 
Trifft die Spitze eines Stolo auf eine Wasserfläche, so dringt sie nach W. 
nicht in dieselbe ein, sondern es werden ebenfalls an der Berührungsstelle Frucht- 
träger gebildet. 
5. Rheotropismus. 
Unter Rheotropismus versteht man mit JóNssoN?) die Eigenschaft wachsender 
Pflanzentheile, zu einer strómenden Flüssigkeit eine bestimmte Richtung ein- 
zunehmen, d. h. entweder gegen den Strom zu wachsen (positiver Rheotropis- 
mus), oder in der vorschreitenden Richtung desselben (negativer Rheotropismus). 
Rheotropische Erscheinungen wurden von Jonsson an den Mycelien von Zhyco- 
myces und Mucor, sowie von Botrytis cinerea beobachtet. Er siete die Sporen 
dieser Pilze auf eine Unterlage von Filtrirpapier und leitete einen Strom ge- 
eigneter Nährflüssigkeit durch dasselbe durch. Die Sporen keimten bald und 
wuchsen rasch zu einem kräftigen Mycel heran, dessen Hyphen bei Phycomyces 
und Mucor stets mit dem Strome, bei Botrytis gegen den Strom wuchsen. 
Die im Vorstehenden kurz betrachteten heliotropischen, geotropischen, hydro- 
tropischen und haptotropischen etc. Bewegungen können, wenn während des Wachs- 
thums der betreffenden Organe Licht, Schwerkraft, Feuchtigkeit, Berührungsreize 
gleichzeitig einwirken, mit einander combinirt sein, in der Weise, dass die eine 
Bewegung durch die anderen modificirt und ihre Deutung mehr oder minder er- 
schwert wird. Hieraus folgt, dass beim Studium einer bestimmten Bewegungs- 
erscheinung die anderen eliminirt werden müssen. 
Die Methoden, welche man hierbei in Anwendung zu bringen hat, sind in 
den physiologischen Lehrbüchern: Sacms, Experimentalphysiologie; PFEFFER, 
Pflanzenphysiologie, Bd.II. SAcus, Vorlesungen über Pflanzenphysiologie u. DETMER, 
Das physiologische Practicum, nachzulesen. 
! Ein Beitrag zur Biologie der Mucorineen. Bot. Zeit. 1881, pag. 384—387. 
?) Der richtende Einfluss strómenden Wassers auf wachsende Pflanzen und Pflanzentheile 
(Rheotropismus). Ber. d. deutsch. bot. Gesellsch. 1883, pag. 512—521. 
  
  
  
  
  
   
  
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