486 Die Pilze.
Im Allgemeinen lässt sich die Regel aufstellen, dass im dunstgesättigten Raume
oder in Flüssigkeit befindliche vegetative oder fructificative Zellen schon durch
längere Einwirkung von Siedetemperatur zum Absterben gebracht werden, während
trockene Objekte erst durch 1—2stündige Einwirkung trockner Hitze von 160° C,
mit Sicherheit getódtet werden.
Will man flüssige Náhrmaterialien von Pilzkeimen vóllig frei machen, so ist
dieses nur dadurch móglich, dass man sie mehrere (4—6) Tage hinter einander
tüglich einmal stark bis zur Siedetemperatur erhitzt (discontinuirliche Sterilisation).
Was einige genauere Ermittelungen der oberen Temperaturgrenze betrifft,
so verlieren die Conidien unseres Brotschimmels nach PAsTEurs Versuchen bei
127—132^ C. (trocken) ihre Lebensfähigkeit sämmtlich sehr schnell, bei 119 bis
i21? C. nur zum grossen Theile, bei 108° nicht. Eine Erwärmung auf roo? C.
in Flüssigkeit tódtete solche Sporen stets.
In HorrFMANN's Versuchen ertrugen trockene Sporen von Usfilago destruens
und U. Carbo eine Hitze von 104—128? C., während bei Anwendung von Feuchtig-
keit die Tódtungstemperatur für Ustilago Carbo zwischen 58,5 und 62° C., tür
U. destruens bei einstündiger Erwärmung zwischen 74 und 78°, bei zweistündiger
zwischen 70 und 73° C. gefunden wurde. SCHINDLER!), der Sporen des Stein-
brandes (7iletia Caries) im trockenen Zustande erhitzte, fand nach Anwendung
von 80° C. nur noch vereinzelte Keimung; über 95? C. erhitzte Sporen keimten
nicht mehr; feuchte Sporen ertrugen eine längere Erwärmung auf go? C nicht
mehr.
Nach A. Maver?) diirfte die obere Grenze, welche Hefezellen in gewóhn-
licher Gáhrflüssigkeit sprossend eben noch ertragen kónnen, nahe bei 53°C
liegen; lufttrockene Hefe wird nach MawassEIN?) bei 115—120? C. getódtet.
Nach eigenen Untersuchungen liegt für Saccharomyces Hansenii die obere
Grenze der Lebensfáhigkeit vegetativer Zellen bei Anwendung feuchter Würme
zwischen 75 und 80° C., bei Verwendung von trockner zwischen roo und ros? C.
V. WETTSTEINS Versuche (l. c.) mit den zartwandigen Conidien von Æhode-
myces Kochii ergaben, dass bei 80—90? C. (14—2 stündige Dauer) ein grosser
Theil bei 95^ C. (eben so lange Dauer) ein noch grósserer Theil dieser Sporen,
bei 95—105° C.*) alle zur Abtódtung gelangten. Dagegen hielten die Dauer-
sporen 115^ C. aus; erst von da ab begann die Keimfáühigkeit allmáhlich abzu-
nehmen, bis sie bei zweistündiger Erhitzung auf 120° C. erlosch.
Das Intervall zwischen oberer und unterer Tödtungstemperatur kann man
als die Temperaturscala der Lebensfähigkeit bezeichnen. Sie wird sich
selbstverstándlich für solche Pilze, wie die erwáhnten Hefepilze, nicht genau be-
stimmen lassen, so lange es nicht gelingt, die untere Grenze zu finden, was, wie
wir sahen, mit den bisherigen Erkáltungsmitteln nicht erreicht wurde. Man kann also
nur sagen, dass die Temperaturscala der Lebensfihigkeit der Presshefe bei An-
wendung trockner Wärme mehr als — 113 + 115° also mehr als 228° C., die
von Saccharomyces Hansenii mehr als — 83 + 100° (bei Anwendung trockner
Wärme) resp. mehr als — 83 + 75 (bei Anwendung feuchter Wärme) beträgt.
Für andere Pilze scheint das Intervall erheblich kleiner zu sein und dürfte,
1) Ueber den Einfluss verschiedener Temperaturen auf die Keimfähigkeit der Steinbrand-
sporen. Fortschritte auf dem Gebiete der Agriculturphysik, Bd. III, Heft 3, 1880.
2) Lehrbuch der Gährungschemie, pag. 153.
3) S. WIESNER, Mikroskop. Unters. 1872, pag. 122.
4) Es ist wohl trockene Wärme gemeint, was aus v. W.’s Mittheilung nicht hervorgeht.
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