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Abschnitt VI. Systematik und Entwickelungsgeschichte. 653
Die eben angeführten wesentlichsten Elemente des áusseren Baues und der Entwicklung
eruirten namentlich CORDA !) und DE BARY 2), Neuerdings hat VAN BAMBEKE?) auch die bisher
vernachlissigte anatomische Kenntniss des Pilzes gefordert, indem er namentlich die feinere
Structur der Peridie studirte. Hierbei stellte sich heraus, dass das Gewebe derselben in ge-
wissem Alter aus 6 verschiedenen Schichten besteht, von denen einzelne wiederum in 2 bis
3 Lagen gegliedert sein kónnen. Die oben erwühnte áussere Peridie, innere Peridie und Gallert-
schicht erhalten hiernach den Werth von Gewebecomplexen. In Bezug auf Anordnung, Rich-
tung, Verzweigung der die einzelne Gewebesysteme zusammensetzenden Hyphen, die Form,
Grosse, Inhalt, Vergallertungsfähigkeit etc. ihrer Elemente (Zellen) ergaben sich bei den einzelnen
Gewebslagen wichtige Unterschiede. In dem Niveau der inneren Peridie sowie in dem die
Stielhóhlung anfánglich füllenden Gewebe fand VAN BAMBEKE háufig eigenthümliche »keulen-
fórmige Hyphen« mit rothgelb gefárbtem Inhalt ausgestattet, übrigens scheidewandarm und spár-
lich. verzweigt.
In physiologischer Hinsicht bleibt zu bemerken, dass Ph. impudicus oXalsauren
Kalk producirt, und zwar tritt er, wie DE BARY zeigte, auf der Rinde der Mycelstränge in
reichen Ablagerungen auf, nach VAN BAMBEKE auch in den »keuligen Hyphen«' Ausserdem
enthält der Pilz, wie bereits BRACONNOT constatirte, Mannit (vergl. pag. 395). In der Gleba
und der Peridie, besonders aber in ersterer, werden ferner Pigmente erzeugt, und zwar konnte
ich im alkoholischen Extract der Glebamassen noch ‚geschlossener Fruchtkörper einen gelben,
wasserlöslichen, amorphen Farbstoff von Säurecharacter, sowie ein gelbes Fett nach-
VAN BAMBEKE fand in den »keuligen Hyphen« einen rothgelben Körper. Schon
dass der Fruchtkörper ein fettes Oel und ein wallrathartiges Fett
weisen.
BRACONNOT giebt an,
enthalte.
Die Seitens älterer Botaniker und Mediciner gemachte Annahme, der Fruchtkörper enthalte
OMBHOLZ wenigstens für den noch geschlossenen Zustand nicht
giftige Substanzen, konnte KR
Der Eruchtkorper ist nach ihm
bestätigen; er ass ein ganzes »Hexenei« ohne jede üble Folge.
weder von Geschmack noch von Geruch unangenehm, nur schmeckt er infolge der schleimigen
Beschaffenheit der Gallertschicht der Peridie sehr fade. Möglich ist aber, dass die so übel-
riechende reife Gleba giftige Bestandtheile enthält,
Den Ruf eines Aphrodisiacums verdankt der Phallus wohl seiner Peris-Form. Noch
heute sollen die Hirten den Pilz bisweilen an Thiere, deren Brunst sie befördern wollen, ver-
füttern. Allein in den Versuchen von KROMBHOLZ reagirten weder verschiedene grosse Thiere
(Affen, Stiere, Hengste, Böcke, Hunde), noch auch Menschen in gedachtem Sinne.
Der in Süddeutschland vorkommende Phallus caninus wurde von DE BARY (l. c.) entwick-
lungsgeschichtlich sehr eingehend untersucht.
Gruppe II. Uredineen oder Rostpilze.
Sämmtliche Vertreter dieser natürlichen Gruppe sind Entophyten, welche
zumeist in Phanerogamen, selten in Gefüsskryptogamen schmarotzen. Sie
entwickeln ein zwischen den Wirthszellen verlaufendes (intercelluläres) Mycel,
von welchem seitliche Aestchen in die Wirthszellen hineingetrieben werden. Die-
selben functioniren als Saugorgane und werden oft in eben so typischer
Haustorienform gebildet, wie z. B. bei den Peronosporeen. Dies gilt bei-
spielsweise für Uromyces Poae RABENH. (Fig. 4, II s. Erklärung) u. Calyptospora
Goppertiana KüuN nach HARTIG (Fig. 97).
Wie bei den Basidiomyceten und Brandpilzen,
Fructification immer nur in Form von Conidie n-
so tritt auch in der vor-
liegenden Gruppe die
!) Icones fungorum V. pag. 70. Taf. 7 (1842.)
?) Zur Morphologie der Phalloideen. Beitr. zur Morphologie der Pilze Bd. I. Reihe I.
pag. 55 (1864). Vergl. auch: Vergleichende Morphol. und Biologie der Pilze, pag. 346.
3) Recherches sur la morphologie du PRallus (Ithyphallus) impudicus (L). BULL. de la
Soc. roy. de botanique de Belgique. t. XXVIII. I pag. 7—50. (1889).