Die Pilze.
Ordnung 3. Sphaeriaceen. Sphaeria-artige Ascomyceten.
Früher kannte man so wenige Vertreter, dass man sie in einer einzigen
Gattung — Sphaeria — unterzubringen vermochte. Heutzutage aber ist diese
Gattung zu einer hochgegliederten Ordnung herangewachsen, welche in der
hier angewandten (der Einfachheit in weitem Sinne genommenen) Begrenzung,
nach SAcCaARDO's Sylloge etwa 580oo Species umfassen würde.
Als Hauptunterschiede gegenüber den Perisporiaceen sind her-
vorzuheben 1. Ausbildung einer Mündung an der Schlauchfrucht (doch ist dieses
Merkmal insofern cum grano salis zu nehmen, als bei der Gattung CZaetomium
eine Species existir, welche keine Schlauchfrucht-Mündung aufweist) 2. Das
wenn aüch keineswegs ausschliessliche Vorkommen von Para physen. 3. Die
Auskleidung der Innenseite der Perithecienwand mit Periphysen, welche auch
den Mündungskanal austapeziren. 4. Vielfach vorkommende Einrichtungen zur
Ejaculation der Schlauchsporen (vergl. pag. 357). 5. Vorkommen von Conidien-
früchten.
Was den Ursprung der Schláuche anbetrifft, deren Gesammtheit auch
hier als Nucleus (Kern) bezeichnet wird, so entstehen sie, wie namentlich DE
Banv's Schüler nachwiesen, bei manchen Vertretern als Endzellen von Aus-
sprossungen eines meist gekrümmten Ascogons, bei andern Repriüsentanten ist
letztere Bildung bestimmt nicht vorhanden.
Während bei einfacher gebauten Vertretern die Sehlauchfrüchte unmittelbar
von dem Mycel entspringen, schiebt sich bei zahlreichen Sphaeriaceen zwischen
die Schlauchfrüchte und Mycel ein »Stroma« (pag. 319 und 340) ein, das äusserst
mannigfaltige Gestalten aufweist, scheiben-, kuchen- oder polsterartige halbkugelige,
keulige, hirschgeweihartige etc. Formen (Fig. 34). Bildungen solcher Art sind
dann die Schlauchfrüchte entweder aufgesetzt oder eingesenkt, sodass sie nur mit
ihrer Mündung mehr oder minder weit hervorragen. Uebrigens kann Stromabildung
und Stromamangel innerhalb derselben Gattung vorkommen (z. B. Sordaria.)
Ausser den Schlauchfrüchten werden noch Conidienbildungen von allen nur
möglichen Formen erzeugt, sowohl die verschiedensten Modificationen des fädigen
Conidienträgers (Schimmelformen), bezüglich deren ich auf die Fig. 22, 23,
I—IX, 26, II IV, 27, 28, 61, I— VII verweise, als auch Conidienbündel (Fig 31),
Conidienlag er (Fig. 34,1, IV V,) 35 und Conidienfrücht e (Fig. 38, 39,40, 42)
Conidienlager und Conidienfrüchte entstehen entweder unmittelbar auf dem Mycel
oder auf einem Stroma. Bei einigen wenigen Arten, wie Zscozricha chartarum,
hat man übrigens beobachtet, dass einfache, füdige Conidientráger direct von den
peripherischen Zellen der Perithecienwand ihren Ursprung nehmen kônnen !).
Angesichts der riesigen Ausdehnung, den diese Ordnung gewonnen hat, und mıt Rücksicht
auf den Plan, nur das Allerwichtigste darzubieten, muss ich mich im Folgenden vorzugsweise
auf diejenigen Familien und ihre Vertreter beschränken, die in entwickelungsgeschichtlicher und
physiologischer Beziehung Gegenstand näherer Untersuchung geworden sind, und ir Anbetracht
des geringen zu Gebote stehenden Raumes auch unter diesen noch eine Auswahl treffen. Wem
es darum zu thun ist, möglichst viele Formen kennen zu lernen, der wird ohnehin die systema-
tischen Handbücher studiren müssen.
I) Literatur: TULASNE, Selecta tungorum Carpologia ist eines der Hauptwerke über Sphae-
riaceen. — In systematischer Beziehung sind die Sphaeriaceen namentlich von WINTER,
Die Pilze, Bd. I Abth. II. durchgearbeitet worden. Das gediegene Werk NITSCHKE's, Pyreno-
mycetes germanici ist leider unvollendet geblieben. Sonstige Literatur weiter unten.