Analytische Geometrie,
bearbeitet von
Dr. Richard Heger,
zymnasiallehrer u. a. o. Hon.-Professor am Kgl. Polytechnikum zu Dresden.
I. Theil. Analytische Geometrie der Ebene.
8 I. Coordinaten des Punktes.
1. Die analytische Geometrie stellt sich die Aufgabe, geometrische Sätze
aus den Resultaten algebraischer (analytischer) Operationen abzuleiten.
Sie geht dabei von folgender für sie charakteristischen Gedankenreihe aus:
Zwei unbestimmte Zahlen x und y seien durch eine Gleichung mit einander
verbunden. Reducirt man diese Gleichung auf Null, so steht rechts die Null
und auf der linken Seite steht ein Ausdruck, der ausser x und y noch gegebene
Zahlen enthalten kann. Dieser Ausdruck werde abkürzend mit /(x, y) bezeichnet;
dann ist die Gleichung
Ji, y) = 0.
Durch diese Gleichung sind x und y noch nicht bestimmt, aber es ist doch
jede der beiden Gróssen an die andere gebunden. Denn giebt man der Unbe-
stimmten x einen bestimmten Werth x, so ist nun y nicht mehr unbestimmt,
sondern der zu x, gehórige Werth (bez. die zugehórigen Werthe) von y ergiebt
sich durch Auflósung der Gleichung
f (xo, y) =0
rücksichtlich der Unbekannten y. Diese Gleichung kann eine oder mehr als
eine reale Wurzel haben; wir wollen jetzt der Einfachheit wegen annehmen, sie
habe nur eine reale Wurzel yy. Diese beiden Y
zusammengehórigen Werthe x, y, kann man
geometrisch anschaulich machen. ;
Man nimmt zwei zu einander senkrechte P
Gerade OX und OY an, deren positive
Richtungen OX und OY sein mögen, und
trägt auf denselben, indem man eine beliebige
Strecke als Maasseinheit zu Grunde legt, zwei J* 0 P X
Strecken O P' und OP" auf, die die Längen
x, und y, haben. Der Punkt, der O 7' und
O P" zu Normalprojectionen auf O.X und OY
hat, veranschaulicht die beiden zusammen- y"
gehórigen Werthe x, und y,. (M. 346.)
ScuLoEeMiLCH, Handbuch der Mathematik.