Full text: Handwörterbuch der Mineralogie, Geologie und Paläontologie (2. Abtheilung, 1. Theil, 2. Band)

142 Mineralogie, Geologie und Palaeontologie. 
Ein Blick auf die beiden Systeme zeigt, wie in jedem derselben noch einige 
Unsicherheit und Unklarheit bezüglich gewisser Gruppen obwaltet. Nicht ganz 
glücklich ist der Versuch Hanuw's, einen Theil der vulkanischen Inseln als 
tektonische von den Aufschüttungsinseln zu trennen. Dass die Vulkane über- 
haupt fast ganz Producte der Aufschüttung seien, soll damit nicht etwa von ihm 
bestritten werden. Es liegt jener Auffassung der geologisch allerdings wohl zu- 
treffende Gedanke zu Grunde, dass die vulkanischen Bildungen mit tektonischen 
Vorgängen in der Erdrinde, mit Faltungen, Hebungen und Senkungen in ursách- 
lichem Zusammenhange stehen und dass ihre Vertheilung an der Erdoberfläche 
thatsächlich erkannten, tektonischen Linien folgt. Aber wenn dieses auch richtig 
ist, so bleibt doch der unmittelbare Vorgang dieser Inselbildung in allen Fillen 
die vulkanische Aufschüttung. Der weiter zuriickliegende, z. Th. noch dazu 
hypothetische, vor Allem aber keinesweges unmittelbar klar zu erkennende 
tektonische Vorgang ist nicht deutlich und entscheidend genug, um als Grund- 
princip einer geographischen Eintheilung annehmbar und praktisch zu erscheinen‘). 
Die Klasse der tektonischen Inseln umfasst in Folge dessen áusserlich und inner- 
lich gänzlich verschiedene Inseln wie Madagaskar, Santorin, Sumatra und Irland. 
Die Unterabtheilungen der tektonisch-vulkanischen Inseln, wie sie HAHN aufführt, 
sind ferner desshalb unzweckmässig, weil jede erneute Eruption die Zahl und 
Anordnung der vorhandenen Krater gänzlich umzugestalten vermag. Dadurch 
würde für einzelne Inseln ein Hin- und Herschwanken durch die verschiedenen 
Unterabtheilungen sich ergeben. 
In dem Systeme von KrncHHuorr fehlt dagegen der gewiss richtige Unter- 
schied in den Abgliederungsinseln, je nachdem dieselben durch tektonische Vor- 
günge oder nur durch die Erosion gebildet sind. Die submarin gebildeten 
Inseln werden nach Bau und Material sich einer der anderen Gruppen einfügen 
lassen und kaum eine selbständige Stellung verdienen. 
Solche Inseln, welche auf nicht vulkanischer Unterlage mehr oder weniger 
reichlich vulkanische Aufschüttung tragen, können nur nach dem Charakter 
ihrer Basis dem Systeme eingereiht werden. Als Inseln wären sie auch ohne 
die vulkanische Bedeckung vorhanden gewesen. Diese ist hier nur ein acces- 
sorischer Umstand. Nur da, wo die Aufschüttung überhaupt erst eine Insel ge- 
bildet hat, ist sie ein wesentliches Merkmal für die Classifikation. 
Wenn man aber an den beiden Hauptgruppen, den Festlands- und den 
oceanischen Inseln, wie sie aus der Entwicklung der Kenntnisse über den Bau 
der Inseln immer bestimmter sich ergeben haben, in erster Linie festhält, lassen 
sich die Gesichtspunkte Hanw's in zweiter Linie für die Gliederung der Unter- 
abtheilungen verwerthen. 
Die Abgliederungsinseln KircHHOFF's werden dann in zwei Gruppen zu 
trennen sein: die tektonischen und die Erosionsinseln. Jene sind durch Vor- 
günge von den continentalen Massen abgetrennt worden, die mit den Ver- 
änderungen im Bau der Erdrinde, mit der Gebirgsbildung zusammenhängen, diese 
sind durch die Wirkungen der Erosion allein abgelóst worden. 
Nicht eigentlich als Abgliederungsinseln, sondern als solche, die den letzten 
Rest eines untergehenden Continentes oder einer grósseren Landmasse darstellen. 
  
1) Vollends unannehmbar erscheint es, wenn HAHN, l. c. 174, die Inseln, welche einen Auf- 
schüttungskegel, einen Vulkan tragen, von solchen trennt, die nur durch Ausbreitung der 
Auswurfsstoffe eines Vulkans, also z. B. durch Lavastróme gebildet werden. Sie gehóren unzweifel- 
haft zusammen. 
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