Full text: Handwörterbuch der Mineralogie, Geologie und Paläontologie (2. Abtheilung, 1. Theil, 2. Band)

      
  
    
  
  
   
  
   
  
   
    
    
  
    
  
    
    
   
  
    
   
   
  
  
  
  
   
  
   
   
   
  
   
     
  
   
    
  
  
   
   
  
   
      
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Das Meer und seine geologische Bedeutung. 415 
grauen Sand und Schlamm bedeckt, der die Bestandtheile der vulkanischen Ge- 
steine noch erkennen lässt. Diese Absätze können noch auf grosse Entfernungen 
von den Küsten verfolgt werden; um Hawaii dehnen sie sich über 200 engl. 
Meilen aus. Hier umschliessen sie auch Tiefseeorganismen und es vermischen 
sich demnach die Charaktere litoraler und pelagischer Zonen. 
Gerade Kalkablagerungen haben, wie schon vorhin angedeutet wurde, eine 
besondere Bedeutung als litorale Bildungen und können daher keinenfalls durch- 
weg für pelagisch gehalten werden. Jedenfalls ist die mineralogische und pa- 
làontologische Beschaffenheit der Sedimente eine sehr viel mannigfaltigere in 
den Tiefseeablagerungen, als man früher annahm, sie zeigen sogar grössere Ver- 
schiedenheiten als die Litoralbildungen. 
Auch das Vorkommen von Landpflanzen ist kein sicherer Beweis für eine 
Litoral- oder Seichtwasserablagerung. Pflanzenreste aller Art kónnen in grósserer 
und geringerer Entfernung vom Ufer oft in betrüchtlichen Mengen untersinken 
und kommen dann in die Tiefseeablagerungen hinein.  Thatsüchlich sind bei 
Tiefseelothungen Landpflanzen oft aus sehr grossen Tiefen mit heraufgebracht 
worden: im Golf von Mexico z. B. in Entfernungen von 10— 15 Meilen von der 
Küste und aus roo Faden Tiefe zahlreiche Blitter und Stammreste. 
Das Vorkommen von Resten von Landpflanzen und ebensowenig von In- 
secten hindert also allein nicht, eine Ablagerung als Tiefseebildung anzusprechen. 
Solche Sedimente, die vorzüglich oder wenigstens zum grossen Theile aus 
Globigerinen-, Radiolarien- oder Diatomeen-Schlamm bestehen, eben solche mit 
Foraminiferen von sandig-kieseligen Schalen entsprechen durchaus auch den 
heutigen Tiefseeabsützen. Auch wo diese Organismen sich in Kalksteinen mikro- 
skopisch nachweisen lassen, bieten sie eines der wichtigsten Mittel, um echt 
pelagisch-marine Kalksteine zu erkennen. 
Die Tiefseeablagerungen bestehen meist aus homogenem, feinem zartge- 
schlimmtem Thone mit sehr regelmässiger, ebenflächiger Schichtung. Charakte- 
ristisch sind blaue oder grüne Schlammablagerungen, letztere durch Glaukonit 
gefürbt, in den gróssten Tiefen die schon erwihnten ziegelrothen und braunen 
Thone, mit den Mangan- oder auch F euersteinconcretionen. *) 
Die wichtigsten Elemente der Tiefseefauna sind dann noch: Kieselschwáàmme, 
Korallen, besonders die Einzelkorallen, die besonders zarten und zierlichen Formen 
der Crinoiden, von den kalkschaaligen Brachiopoden nur ein Theil, kleine dünn- 
schalige, glatte Gasteropoden und Bivalven, die Cephalopoden grósstentheils, von 
den Crustaceen ausschliesslich zart gebaute, so die Eryonen, natürlich sehr viele 
Fische; Zühne von Haifischen kommen z. B. an vielen Stellen des Oceans in 
grossen "Tiefen in unglaublicher Menge angehüuft vor; endlich auch Cetaceen. 
So hat z. B. ein einziger Zug des Schleppnetzes wührend der Fahrt des Challenger 
aus einer Tiefe von 4250 Meter, südlich der Marquesas Inseln, ohne dass das 
Gerüthe mehr als 3 oder 4 Centim. in den thonigen Meeresboden eindrang, mehr 
als 100 Zähne von Haien und 30—40 Gehôrgänge von Cetaceen zu Tage 
gebracht. 
Ein Umstand aber, der ganz besonders zu beachten ist, da sonst leicht ein- 
seitige und falsche Schlussfolgerungen auf eine Tiefseefauna gemacht werden 
konnen, ist der, dass das Meerwasser in grossen Tiefen ohne Zweifel eine auf- 
lösende Wirkung auf die Kalkschaalen der Thiere ausiibt und dass diese Wirkung 
  
1) MurrAY, Proceed. of the Royal Soc. XXIV, pag. 519. 
 
	        
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