Full text: Handwörterbuch der Mineralogie, Geologie und Paläontologie (2. Abtheilung, 1. Theil, 2. Band)

    
418 Mineralogie, Geologie und Palaeontologie. 
Die Grósse des Neigungswinkels zweier Flichen und zwar zunüchst zweler 
Flichen, welche miteinander eine Kante bilden, wird durch zwei Linien be- 
stimmt, welche von einem Punkte der Kantenlinie aus senkrecht auf der Kanten- 
linie in den beiden Flüchen (in jeder je eine) gezogen gedacht werden. Der 
Neigungswinkel dieser beiden Linien miteinander ist das Maass für die Grósse 
des Kantenwinkels. Wenn man daher beispielsweise ein Krystallmodell von 
Holz benützt, um das Verfahren zu zeigen, diesen Winkel zu bestimmen, auf 
welches Verfahren sich eine Art von Goniometern (Winkelmessern) gründet, 
so kann man von irgend einem Punkte der Kantenlinie aus in jeder Fläche eine 
gerade Linie senkrecht auf der Kantenlinie ziehen. Wenn man nun zwel durch 
einen Stift miteinander verbundene sich kreuzende Lineale nimmt (Fig. 100), das 
eine der Lineale mit einer schmalen Seite auf die eine dieser Linien legt, während 
(Min. 225—226.) 
  
  
Fig. 100 
dasselbe mit seiner Breitseite senkrecht auf der Krystallfliche steht, das Modell 
mit seiner zu messenden Kante bis an die Stelle schiebt, wo die beiden Seiten 
cd und cg der Lineale sich schneiden und dabei das zweite Lineal längs der 
Linie auf der zweiten Fläche wie das erste senkrecht mit seiner Breitseite auf 
die Modellfläche stellt, so haben beide Lineale dieselbe Lage zu einander, wie 
die beiden auf dem Modell gezogenen Linien. Der Winkel dcg ist somit das 
Maass des Kantenwinkels. — Entfernt man beide Lineale, ohne ihre Lage gegen- 
einander zu ändern und legt sie auf ein Blatt Papier, zieht den beiden Linien 
cd und cg entsprechend zwei Linien auf dem Papier, so lässt sich die Grösse 
des Winkels durch einen Transporteur messen. 
AufdiesesVerfahren hin wurde zuerst von dem französischen Künstler CARANGEOT, 
welcher für RoMwÉ DE L’ISLE (dessen Cristallographie IV, pag. 25) Krystallmodelle 
anfertigte, ein Goniometer construirt, welches als sog. Anlege- (Contact- oder 
Hand-) Goniometer noch vielfach gebraucht wird. Der berühmte franzósische 
Krystallograph RENÉ JUSTE Hauv (dessen Traité de min. I, pag. 248) liess es noch 
bequemer einrichten. Abgesehen von verschiedenen Modificationen, die man an 
dem in Metall ausgeführten Instrumente anbringen kann, beruht dasselbe, wie 
(Fig. 101) zeigt, darauf, dass zwei Lineale von Stahl df und gk mit ihren breiten 
Seiten aufeinanderliegend durch einen Stift c mit einander verbunden sind. 
Das eine der beiden Lineale gk ist mit einem graduirten messingenen Halb- 
kreise fest verbunden, dessen Mittelpunkt im Stifte c liegt, während das zweite 
Lineal df beweglich ist. Schiebt man nun einen Krystall mit der zu messenden 
Kante zwischen die beiden Enden cg und cd entsprechend der obigen Angabe 
für das Modell, so dass ein Punkt der Kantenlinie die beiden Lineale gegen 
      
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
  
   
   
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
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