Full text: Handwörterbuch der Mineralogie, Geologie und Paläontologie (2. Abtheilung, 1. Theil, 2. Band)

    
  
432 Mineralogie, Geologie und Palaeontologie. 
reichen Steinkohlen, die Serpentinisirung der Olivingesteine und der Gabbro’s, 
die Bildung der Carbonate der Kalkerde und der Magnesia aus denselben Gesteinen, 
die Kaolinisirung der granitischen Gesteine und dergl. mehr. 
Bei allen diesen Vorgängen einer oft den ganzen Gesteinskörper erfassenden 
und umändernden Metastase seiner Bestandtheile ist doch in der Regel die 
Natur und Beschaffenheit des ursprünglichen Gesteines noch zu erkennen, sei 
es, dass verschiedene Stadien der Umwandlung Uebergünge zu noch wenig ver- 
ünderter Gesteinsmasse gewáühren, oder aber, dass doch die charakteristische, in 
der Genesis bedingte Struktur des ursprünglichen Gesteines noch kenntlich bleibt. 
Daher charakterisiren sich diese Umwandlungen in der Regel ohne Weiteres als 
solche, selbst dann, wenn die Einzelheiten im Verlaufe der chemischen und 
mineralogischen Umlagerung nicht ganz einfach und klar zu deuten scheinen. 
Man wird trotz solcher Umwandlungen nicht in die Lage kommen, dem Gesteine 
eine andere Entstehung zuzuschreiben, als sie den noch erkennbaren oder 
wenigstens herleitbaren Charakteren der mineralogischen Zusammensetzung und 
der Struktur des ursprünglichen Gesteines entspricht. Ob ein Anhydrit in Gyps 
umgewandelt erscheint, das ändert nichts an den genetisch bedeutsamen 
Charakteren des Gesteins; man wird darum nicht zweifelhaft werden, dass es aus 
einer Lösung sich abgeschieden hat und ob ein Olivingestein ganz oder grössten- 
theils serpentinisirt ist, vermag seine eruptive Entstehung nicht zu verwischen. 
Damit kommen wir dann auf das wesentlichste Moment des »Metamorphis- 
mus«, wie er in der Geologie jetzt ziemlich übereinstimmend in ganz besonderer 
Beschränkung seines Begriffes verstanden wird. 
Man versteht unter Metamorphismus in diesem besonderen Sinne 
alle solche Umwandlungen von Gesteinen, die dieselben nach ihrer 
ersten. Entstehung erlitten, welche die mineralogische Constitu- 
tion und vornehmlich die Struktur derselben so verändert haben, 
dass sie dadurch die Charaktere wesentlich anders entstandener Ge- 
steine erhalten. So würde also z. B. ein Sediment als metamorphosirt zu be- 
zeichnen sein, wenn es durch solche Umwandlungsprocesse die Beschaffenheit 
und das Aussehen eines krystallinischen, aus der Lósung ausgeschiedenen oder 
aus dem Schmelzflusse erstarrten Gesteines anzunehmen vermochte, ein Eruptiv- 
gestein hingegen, wenn es wesentliche Charaktere geschichteter, sedimentürer Ge- 
steine sich angeeignet hat. 
Von solchen Gesteinen, deren mineralogische Beschaffenheit und Struktur 
nicht recht in Einklang zu bringen schien mit ihrem Vorkommen, ihren Lagerungs- 
verhültnissen, kurz den Bedingungen, aus denen ihre Genesis hergeleitet werden 
musste, ist der Begriff des eigentlichen Metamorphismus ausgegangen!) Daher 
passte auf die meisten metamorphischen Gesteine auch die Bezeichnung kryp- 
togen; d. h. es waren eben solche Gesteine, deren Entstehung desshalb dunkel 
blieb, weil die ursprünglichen Charaktere mehr oder weniger durch Veränderungen 
umgestaltet waren, deren Ursache und deren Verlauf man nicht kannte, oder 
nicht verstand. 
Auf solche Gesteine muss also auch der Begriff des besonderen Metamor- 
phismus beschränkt bleiben. Alle Veränderungen, die einem Gesteine nicht 
wesentlich andere genetische Charaktere verleihen, gehören nicht eigentlich zu 
den metamorphischen. 
^ 1) Für die Geschichte der Lehre des Metamorphismus ist besonders auf das im Literatur- 
verzeichniss am Schlusse des Artikels angeführte Werk RoTH's zu verweisen. 
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