372 Mineralogie, Geologie und Palaeontologie,
Der Tiefseeschlamm lagert sich in ruhigen Meerestiefen — unterhalb der
litoralen Algenzonen, schliesslich der Nulliporenzone — als sehr feinér vor-
herrschend kalkiger, theils grauer, theils weisser Schlamm ab. Er verdankt seine
Entstehung theils dem Niedersinken von festen Theilen schwimmender, theils den
Ueberresten von selbst auf dem tiefen Meeresgrunde lebenden Organismen.
Dieser Tiefseeschlamm besteht, abgesehen von zufällig z. B. durch vulka-
nische Ausbrüche hereingelangten mineralischen Substanzen, wesentlich r. aus
kalkigen Bestandtheilen a) Foraminiferen, besonders G/obzgerzna (Vergl. Bd. III,
pag. 170), b) Kokkolithen (Vergl. Bd II, pag. 198, 199), c) zufällig abgesunkenen
Kalkschalen schwimmender Mollusken, sowie d) Kalkpanzern kriechender Echino-
dermen u. dergl., 2. aus kieseligen Bestandtheilen, a) Diatomeen-Panzern, be-
sonders Coscinodiscus (Vergl. Bd. III, pag. 224), b) Radiolarien-Skeletten, be-
sonders Haliomma (Vergl. Bd. III, pag. 136), c) Nadeln oder Spiculae von Spon-
gien, 3) aus organischem Schlamm oder zu Boden gesunkener schleimiger Sar-
code und anderen organischen Stoffen verschiedener Abkunft, die zusammen den
Anlass zur Annahme eines den Meeresgrund als ausgedehntes Gewebe überziehen-
den Lebewesens (Bathybius) gegeben hatten. (Vergl. Bd. II, pag. 200.)
Der Tiefseeschlamm von dieser Zusammensetzung und je nach den Ver-
änderungen, die er durch chemische Einwirkungen entweder alsbald oder nach-
träglich erleidet, ergiebt den Ausgangspunkt für die Bildung von verhältnissmässig
noch sehr weit auseinander gehenden Bodenschichten und diese gestalten sich
besonders abweichend, wenn einerseits die wirkenden Agentien sauer, andrerseits
basisch sind.
1. Der Einfluss saurer Reaktion ist auf Kohlensäure-Ansammlung in gewissen
Meeresregionen zu setzen. In Abgründen des Oceans unterhalb von 10000 Fuss,
3000 Meter Tiefe findet man einen gefärbten ocherigen Tiefseeschlamm, in
welchem die kalkigen Bestandtheile — namentlich die Kokkolithen und Fora-
miniferen — fehlen. Dieser enthált dafür noch reichliche Mengen kieseliger Be-
standtheile, namentlich Schalen von Diatomeen, Skelette von Radiolarien, Spikeln
von Spongien und ocherigthonigen Schlamm. Wahrscheinlich werden die zu dieser
Region absinkenden kalkigen Stoffe — Kokkolithen und Foraminiferengeháuse —
von kohlensáurehaltigem Wasser alsbald schon aufgelöst. Ein solcher Kieselor-
ganismenschlamm muss in ühnlicher Weise auch in älteren geologischen Epochen
an Stellen der Meerestiefe, wo saure Reaktion schon wáhrend des Absatzes der
Tiefseegebilde herrschte, entstanden sein, kann auch nachtrüglich, wo saure Re-
aktion später eintrat, in besonderen Ablagerungen sich ausgebildet haben. Die
marinen Tripel von Caltanisetta, Oran, Barbados u. a. O. bieten dafür Ver-
gleichungspunkte.
2. Der Einfluss basischer Reagentien machte sich in anderen Tiefseeabsátzen
im Verlaufe längerer geologischer Zeiträume geltend.
Die weisse Kreide ist ein Tiefseeschlamm, der nur kalkige Bestandtheile,
namentlich Kokkolithen und Foraminiferenschalen führt, gelegentlich auch Con-
chylien, Echinodermen u. s. w. eingestreut enthält. Es fehlen hier die kieseligen
Bestandtheile des heutigen Tiefseeschlammes — Diatomeen, Radiolarien, Spongien-
nadeln. Sie sind durch nachträgliche Einwirkung alkalischer Reaktion ausge-
laugt worden. Auf ihre Rechnung ist die nachträgliche Bildung der Feuerstein-
knollen in der weissen Kreide zu setzen. Die mergelige Kreide kommt dem
heutigen Tiefseeschlamm in einiger Hinsicht noch näher, sie enthält noch einige