532 Mineralogie, Geologie und Palaeontologie.
vulkanischen Aeusserungen an die Erdoberfläche emportreten und ihre Produkte
unter mehr oder weniger heftigen Erscheinungen des Ausbruches zu Tage fördern,
dort entsteht ein Vulkan im weitesten Sinne. Im engeren, freilich ohne
Zweifel zu eng begrenzten Umfange, versteht man unter Vulkan nur einen feuer-
speienden Berg. Heisse Quellen, Emanationen heisser Dämpfe und Gase gehören
nach dieser vulgären Auffassung nicht eigentlich zu den Vulkanen, wenn auch
die erregende Ursache als eine vulkanische gilt und sie auch lokal mit Vulkanen
in Verbindung stehen. Je mehr sich die vulkanischen Processe und ihr Verlauf,
soweit sie nur in der Erdrinde sich abspielen, ohne an die Erdoberfläche empor-
zusteigen, einer. genaueren Beobachtung entziehen, umsomehr wird der ober-
irdische Vulkan, seine Entstehung, Thätigkeit, Entwicklung, seine Produkte und
seine geologischen Wirkungen der wichtigste Schlüssel zum Verständnisse des
Vulkanismus überhaupt. Die an der Erdoberfläche sich findenden Stellen vul-
kanischer Aeusserungen, das sind also Vulkane im weiteren Sinne, befinden sich
aber entweder noch im Stadium ihrer Thätigkeit oder sie sind erloschen oder
gelten wenigstens für erloschen. Viele Beispiele haben gezeigt, dass die Kenn-
zeichen erloschener Vulkane nicht immer zuverlässig sind, dass man die Phasen
der Ruhe für den Zustand vollkommenen Erlöschens halten kann, ohne dass
dieses wirklich eingetreten. Der Epomeo auf der Insel Ischia galt vor dem Jahre
1302 als vollkommen erloschen, denn eine fast 2000jáhrige Zeit der Ruhe ging
der Eruption dieses Jahres, welche den Lavastrom del Arso aus der Flanke des
Berges hervorstiess, voran. Selbst der Vesuv wurde vor dem Jahre 79 n. Chr.
als er mit jener vernichtenden Eruption, welche Herculanum und Pompeji zer-
störte, wieder in Thàátigkeit trat, nicht für einen thátigen Vulkan gehalten. Der
Gunung Gelungung auf Java hatte am 8. Oct. 1822 eine verheerende Eruption,
vorher war er, soweit menschliches Gedenken zurückreichte, nicht als ein noch
thátiger Vulkan angesehen worden.
Nur selten freilich ist die Entstehung eines Vulkanes in einem Gebiet zu
Menschenzeiten beobachtet worden, in dem nicht an anderen Stellen die deutlichen
Anzeichen, wenn auch schlummernder vulkanischer Thátigkeit doch bekannt
waren. Das war auch in den angeführten Beispielen der Fall. Das zeigt, dass
die Bedingungen des Erlóschens nicht solche sind, welche die eine Ausbruchs-
stelle für sich betreffen, sondern dass sie regional eintreten, für ganze Gebiete
zugleich. Und so lassen sich Gebiete erloschener vulkanischer Thätigkeit von
solchen unterscheiden, in denen noch die Anzeichen der Thátigkeit vorhanden
sind. Gleichwohl können in letzteren manche einzelne Ausbruchsstellen wie er-
loschen scheinen. Ist aber in einem ganzen zusammengehórigen und für sich
nach aussen begrenzten Gebiete alle Thátigkeit gleichmüássig erloschen, so ist
die Wahrscheinlichkeit eine nur áusserst geringe, dass in einem solchen Gebiete
neue vulkanische Ausbrüche sich ereignen, wenn nicht die jetzt daselbst ob-
waltenden geologischen Bedingungen eine wesentliche Umgestaltung erfahren.
Dass eine der Bedingungen zur Thitigkeit eines Vulkanes, vielleicht die wesent-
lichste, in der Lage desselben nahe einer bedeutenden Meeresdepression zu sehen
ist, das scheint sich aus einer Betrachtung der geographischen Vertheilung der
wirklich heutigen Tages noch als thátig zu bezeichnenden Vulkane ohne Weiteres
zu ergeben.
Es sollen hierbei zunáchst nur solche Vulkangebiete aufgeführt werden, in
denen auch in historischer Zeit, also unter Bedingungen derLage, wie sie der heutigen
Vertheilung von Meer und Festland entsprechen, Ausbrüche sich ereignet haben.