Full text: Handwörterbuch der Pharmakognosie des Pflanzenreichs (2. Abtheilung, 2. Theil)

Kartoffel. 
Kartoffel. 
(Erdapfel, Grundbirne, knolliger Nachtschatten.) 
Tubera Solani tuberosi. 
Solanum tuberosum L. 
Fentandria Monogynia. — Solaneae. 
Einjährige Pflanze, etwa 30—90 Centim. hoch, mit sehr ästigem Stengel; die 
Blätter sind behaart, tief eingeschnitten, gefiedert, so zwar, dass immer grôssere 
Segmente mit kleineren abwechseln; die Blättchen oval herzfôrmig, spitz, un- 
gleichseitig. Die Blumen stehen in aufrechten vielblüthigen Doldentrauben, die 
Blüthenstielchen sind gegliedert, die Krone fünfeckig, weiss, violett, röthlich, 
blau. Die Früchte sind hängende Beeren von der Grösse der Kirschen, anfangs 
grün, dann Schwarzroth, seltener weiss und gestreift. — Ursprünglich in Süd- 
Amerika (Chili, Peru) einheimisch, und von da durch Kultur weit verbreitet. 
Gebräuchlicher Theil. Die Wurzelknollen, welche an den unter- 
irdischen, weit sich verbreitenden dünnen Ausläufern hängen und durch Kultur 
in Gestalt, Grösse, Farbe (weiss, gelb, roth, violett) variiren. Reif und gehörig 
ausgewachsen sind sie innen weiss oder gelb, nicht fleckig und übelriechend, und 
beim Kochen in Wasser müssen sie locker, mehlig, nicht speckig oder kleister- 
artig werden. 
Wesentliche Bestandtheile. Stürkmehl (14—249). Als sonstige be- 
sonderen Bestandtheile sind noch zu nennen: Asparagin, Solanin, welches 
letztere auch in allen übrigen Theilen der Pflanze in kleiner, in den Keimen 
jedoch in grosserer Menge vorhanden ist. Tyrosin nach BorODIN, BARBIERI und 
SCHULZE. Leucin nach BARBIERI und SCHULZE. Als organische Säure enthalten 
die Kartoffeln nach ILISCH nur Aepfelsäure. Der Wassergehalt beträgt durch- 
schnittlich & ihres Gewichtes. 
Anwendung. Selten als Medikament, doch hat man sie mit gutem Erfolge 
gegen Skorbut und Wechselfieber (im letzteren Falle mit Chinin) verordnet. Auch 
das Extrakt aus den Stengeln und Blättern hat man gegen Husten und. Krämpfe 
mit Erfolg gegeben; es wirkt dem Opium ähnlich. — Man bereitet daraus ein 
sehr reines Stárkmehl (s. weiter unten), inlàndische Sago, Stürkezucker. Ferner 
wird aus ihnen, nachdem sie in Dampf gekocht und mit Hefe in Gáhrung ver- 
setzt worden sind, durch Destillation Weingeist (Kartoffelbranntwein) bereitet. — 
Die Kartoffeln sind, gehörig reif und gut zubereitet, völlig unschädlich und sehr 
nahrhaft, aber unreif und roh können sie schädlich wirken, weshalb man sich 
mit denselben vorsehen muss. 
Das Kartoffelstärkmehl erhält man durch Zerreiben der rohen Knollen, 
Kneten des Breies auf Sieben unter beständigem Zufluss von Wasser, Waschen 
des aus dem Wasser abgesetzten Pulvers mit Wasser und Trocknen desselben. 
Es ist ein weisses glänzendes, zartes, beim Drücken knirschendes Pulver. Unter 
dem Mikroskope betrachtet, erscheint es als wasserhelle, ziemlich gleichförmige, 
vorherrschend eiförmige, birnförmige, flach elliptische, muschelförmige oder zuge- 
rundete, aus einer grösseren Anzahl geschlossener Schalen, welche im Innern 
eine Höhlung einschliessen, zusammengesetzte und mit einem excentrisch meist 
am schmaleren Ende gelegenen Kerne versehene Kügelchen von verschiedener 
Grósse, welche zwischen o,06 und o,ro Millim. varirt. Diesen Dimensionen zu- 
folge, hat das Kartoffelstárkmehl unter allen Stürkearten die gróssten Kügelchen; 
setzt man nämlich ihre Grösse == ı, so betrügt die der Pfeilwurzel (Arrowroot) 
ohngefáhr — 1$, die der Bohnen und der Sagopalme — 4&, die der Linse — 4f; 
    
    
    
    
   
    
  
  
  
     
    
   
   
     
     
   
     
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
    
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