Full text: Handwörterbuch der Pharmakognosie des Pflanzenreichs (2. Abtheilung, 2. Theil)

     
      
    
   
  
  
   
   
   
   
   
    
   
   
  
  
   
   
    
  
     
   
   
   
  
  
  
   
   
   
    
   
   
  
   
  
  
   
   
  
   
  
  
  
   
  
  
   
    
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Baldrian. 57 
der Stengel ist glatt oder mehr oder minder haarig; die Blätter stehen einander 
gegenüber (sehr selten abwechselnd), Wurzel- und Stengelblätter gefiedert, mit 
lanzettlichen gezähnten Blättchen, die unteren verlaufen in einen Blattstiel, die 
oberen sind sitzend. Die Blüten stehen an der Spitze der Stengel und Zweige 
doldentraubenartig, die Kronen weiss oder blassrötlich, riechen hollunderartig, 
sind fast regelmässig i die Achenien tragen einen weissen gefiederten 
Pappus. Variirt sehr nach dem Standorte. — In Deutschland und dem übrigen 
Europa häufig an feuchten Orten, Gräben, Bächen, in der Ebene, ferner auf Ge- 
birgen an mehr trockenen Orten, waldigen Gegenden. ; 
Gebräuchlicher Teil. Die Wurzel; sie muss von kräftigen, nicht zu 
jungen, wenigstens 2—3jährigen Pflanzen im Frühjahre vor dem Treiben des 
Stengels gesammelt werden, und zwar von solchen, die an trockenen, gebirgigen 
Orten wachsen, nicht in sumpfigen, ebenen Gegenden. Sie besteht aus einem 
kleinen rundlichen Wurzelstocke oder Halse, aus welchem zahlreiche 7— 14 Centim. 
lange, auch jüngere und strohhalmdicke Fasern von schmutzig weisser Farbe 
hervorkommen. Durch Trocknen schrumpft sie stark ein und wird hellbräunlich, 
mit der Zeit immer dunkler graubraun. Riecht stark, eigentiimlich widerlich 
dem Katzenurin ähnlich, der durch Trocknen nicht vergeht, sondern im Gegen- 
tell mehr hervorzutr scheint, schmeckt bitter, scharf gewürzhaft. 
Wesentliche Bestandteile. Aetherisches Oel (1,29), eine eigentiimliche 
Säure (Baldriansäure, von GROTE entdeckt), eisengrünende Gerbsäure, Stärkmehl, 
Harze u. s. w. Das ütherische Oel ist leichter als Wasser, enthält Baldriansäure, 
Essigsäure, Ameisensäure und ist ausserdem ein Gemisch von mehreren ütherisch- 
óligen Verbindungen (Valerol, Borneen, Borneol) u. s. w. 
Verwechselungen und Verfälschungen. 1 . Mit Valeriana dioica; deren 
Wurzel ist einfacher, cylindrisch, hôchstens federkieldick, wenig faserig, die Fasern 
laufen auf einer Seite herab, der Geruch schwach baldrianartig. 2. Mit Kamwn- 
culus acris, polyanthemos, repens; der Wurzelstock ist dicker, die Fasern kleiner 
und der Geruch fehlt. 3. Mit Suum angustifolium wnd latifolium; hier gilt das- 
selbe. Ferner ist der Wurzelstock des Sz; viel leichter, die einzelnen Fasern 
weniger markig und von mehr runzeligem, nicht hornartigem Ansehn. 4. Mit 
Geum urbanum; ist mehr steif, brüchig undriecht nelkenartig. 5. Mit Scaózosa arvensis 
und sæccisa; sie ist kürzer, der Stock an der Basis abgestutzt, mit weissen und 
braunen Schuppen bedeckt, die Fasern etwas dicker, an ihrer Oberfläche weniger 
runzelig, wenig oder gar nicht gestreift, sehr zerbrechlich, auf dem Querschnitt 
weiss amylumartig, geruchlos, schmeckt stark und rein bitter. Von REVEIL bis zu 229 
in der Droge beobachtet. 6. Mit Cynmanchum Vincetoxicum; der Wurzelstock ist 
lünglich, meist dicker, es entspringen viele Stengel aus ihm, die Fasern sind viel 
länger, steifer, der Geruch schwächer, mehr an Asarum erinnernd und vergeht 
fast ganz beim Trocknen, der Geschmack bitterlich scharf, CHARBONNIER fand 
in der Droge 36% von dieser Wurzel. 7. Mit Veratrum album, in England zu 
25% in der Droge angetroffen, in welche sie aber wohl mehr zufällig als absicht- 
lich gelangt ist, denn die beiden Wurzeln sind sich doch zu unähnlich. BENTLEY 
spricht. sich über diese höchst gefährliche Vermengung ausführlich aus, und wir 
lassen seine Worte hier folgen. 
Unterscheidungsmerkmale: a) die Rhizome des Veratrum album sind entweder 
von einer kegelférmigen Blattknospe oder von den faserigen Resten alter Blatter 
gekrönt. Diese Blätter haben auf den ersten Blick einige Aehnlichkeit mit den- 
jenigen, welche man am Ende der kriechenden Schösslinge findet, die von dem
	        
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