Full text: Handwörterbuch der Pharmakognosie des Pflanzenreichs (2. Abtheilung, 2. Theil)

  
672 Raute. 
abwechselnden und gegenüberstehenden Blättern, die doppelt gefiedert sind; die 
Blättchen schief nach vorn gerichtet, die seitlichen länglich, die Endbláttchen 
verkehrt eiförmig, keilförmig, breiter als die übrigen, letztere 6—12 Millim. lang, 
stumpf, oft oval und von ungleicher Grösse; alle in der Jugend hellgrün, später 
oben dunkelgrün, unten blasser, fein punktirt, matt, blaulich angelaufen, etwas 
dicklich und besonders nach vorn ganz fein gekerbt. Die Blumen stehen am 
Ende der Zweige in ästigen Doldentrauben; die Hauptblume in der Mitte oft fast 
sitzend oder kurz gestielt, mit 5 Kronblättern und 1o Staubgefássen, erscbeint 
früher als die seitlichen länger gestielten, an denen man meistens 4 Kronblätter 
und 8 Staubgefässe findet, die Blumenblätter sind hohl, nachenförmig, gelb. Die 
Frucht ist eine rundliche, 4-—5kantige, erbsengrosse und grössere grüne Kapsel. 
Die ganze Pflanze riecht stark eigenthümlich widerlich. — Im südlichen Europa, 
in Aegypten, Mauritanien, an unfruchtbaren trocknen Orten einheimisch, bei uns 
in Gárten gezogen. 
Gebráuchlicher Theii. Das Kraut; es sieht trocken dunkelgrau-grün aus, 
wird gern blassgelblich und bráunlich, behàlt aber ziemlich die Gestalt des 
frischen und schrumpft wenig zusammen, riecht nicht so widerlich stark, sondern 
mehr angenehm, fast rosenartig, und schmeckt stark bitter, reitzend aromatisch. 
Wesentliche Bestandtheile. Aetherisches Oel, Rutin. Das ätherische 
Oel wurde von WILL, CAHOURS, GERHARDT, R. WAGNER untersucht. Das Rutin, 
von Weiss entdeckt, untersuchten nach ihm noch BORNTRAGER, HLASIWETZ, ROCH- 
LEDER, DRONKE und ZWENGER. BORNTRAGFR nannte es Rutinsäure, HLASIWETZ 
und RocHLEDER identificirten es mit dem Quercitrin, was aber DRONKE und 
ZWENGER nicht zugeben. 
Anwendung. Frisch, als Saft im Aufguss, doch hat der Gebrauch sehr 
nachgelassen. Der Same ist reicher an ätherischem Oel als das Kraut, aber ganz 
obsolet. 
Die anhaltende unmittelbare Berührung mit der frischen Pflanze kann sehr nach- 
theilige Folgen haben, wie die alten Rômer schon wussten (s. COLUMELLA XI. 3, 475; 
PriNivs XIX. 45, XX, 51) und wie neuerdings Apotheker RoTH in Aschaffenburg 
an sich selbst erfuhr. Unter der Ueberschrift »Warnung vor dem Blüthenstaube 
der Gartenraute« theilt er nämlich pag. 258 des XVI. Bandes des Repertor. für 
die Ph. mit, er habe einen Korb voll der frischen Pflanze abgeschnitten, auch 
den grössten Theil der Blätter und Stengel selbst abgestreift, und sich eine solche 
Entzündung der Hände und Arme zugezogen, dass die Stellen nach 4 Wochen 
noch nicht geheilt waren. — Noch weit schärfer ist Ruta montana L., sodass CLU- 
SIUS (T 1609), als er die Pflanze frisch in Spanien sammelte, dreifache Handschuhe 
anzog, um die Hànde vor Rothlauf zu schützen. 
Geschichtliches. Die Gartenraute ist ein sehr altes Medikament, das 
schon vielfältig in den hippokratischen Schriften (als Ilnyavoy) vorkommt; sie 
galt als ein vorzügliches Antidot gegen verschiedene giftige Substanzen, auch 
machte sie ein Hauptingrediens des Mithridats aus. Ihre specielle Wirkung auf 
Schwangere kannte schon PLUTARCH, und Prof. HELE in Nantes hat diese That- 
sache aufs Neue bestätigt. Die Römer benutzten die Raute oft als Gewürz, und 
zogen sie deshalb im Schatten der Feigenbäume. 
Ruta ist abgeleitet von puscÜüe: (retten, helfen), in Bezug auf die arzneilichen 
Kräfte der Pflanze. 
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
   
  
  
  
  
    
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