Full text: Handwörterbuch der Pharmakognosie des Pflanzenreichs (2. Abtheilung, 2. Theil)

Baldrian. 
Wurzelstocke der echten Baldrianpflanze ausgehen und wodurch sich diese fort- 
pflanzt, aber die Blätter an letzterer Pflanze stehen einander gegenüber und hängen 
an ihrer Basis zusammen, während die Blätter des Veratr. concentrische, in ein- 
ander steckende Scheiden bilden. Ueberdies enthält die käufliche Baldrian- 
wurzel selten oder nie solche Schösslinge. Die Anwesenheit und Stellung der 
Blätter kann daher sofort zur Entdeckung der weissen Nieswurzel unter der 
Baldrianwurzel führen. 
b) sind die Rhizome des Veratr. viel grösser als die der Baldrianwurzel, und 
auch ganz, während der Baldrian gewöhnlich mehr oder weniger zerschnitten vor- 
kommt. Die Nieswurzel hat auch eine dunklere Farbe. 
c) zeigt der Querschnitt des Veratr. einen grossen centralen holzigen oder 
schwammigen Teil von weisslicher oder blass rótlichgelber Farbe, und dieser ist 
durch einen dünnen wellenfórmig gekerbten Ring von dem üusseren breiten, 
weissen Teile getrennt, den eine dünne dunkelbraune oder schwárzliche rinden- 
ühnliche Schicht einschliesst. Das Ansehn dieses Querschnittes und besonders 
das des wellenfórmigen Ringes ist sehr verschieden von dem eines Querschnittes 
des Baldrian-Rhizoms, denn dieser, obgleich anfangs weisslich, zeigt an der 
Handelswaare einen dunkelbraunen, festen, hornartigen Centralteil, welcher durch 
eine dunkle unterbrochene Cambialzone von dem ebenfalls dunkeln Rindenteile 
getrennt ist. Auch ein senkrechter Schnitt des Nieswurz-Rhizoms ist sehr 
charakteristisch, denn man bemerkt an ihm eine dünne, dunkle, wellige, kegel- 
fórmige, sonst der ganzen Lànge nach verlaufende Linie, wodurch die äussere 
Schicht von der innern geschieden wird Eine solche wellenfórmige Linie bemerkt 
man an dem Baldrian nicht. 
d) sind. die. Wurzeln des Veratrum, welche von dem oberen Teile des 
Rhizoms ausgehen, aussen blasser als die des Baldrian-Rhizoms, ferner linger 
und runzeliger als diese. 
e) schmecken Rhizom und Wurzeln des Veratr. anfangs süss, dann bitter, 
scharf und gewissermaassen betäubend; beim Baldrian hingegen bemerkt man 
keine Schärfe, sondern ein deutliches Aroma und nur wenig Bitterkeit. 
f) besitzt das Veratr.. keinen deutlichen Geruch; auch reizt es beim Schneiden 
und Reiben zum Niesen. 
Obgleich alles dieses völlig ausreicht, gibt es auch ein chemisches Mittel, 
das zugleich so charakteristisch ist, dass es hier noch angeführt zu werden ver- 
dient. Betupft man nämlich einen Quer- oder Längsschnitt des Veratr. mit con- 
centrirter Schwefelsäure, so entsteht eine tief orangengelbe Färbung, welche bald 
in eine dunkelblutrote übergeht; beim Baldrian hingegen tritt nur eine Erhöhung 
der ursprünglichen Farbe ein. 
Anwendung. Im Aufguss, als Pulver, als Tinktur u. s. w. Ferner zur 
Gewinnung des átherschen Oels, sowie der Baldriansáure. 
Geschichtliches. Schon die Rómer kannten diesen Baldrian, PriNius 
nennt thn Nardus gallica, und im Mittelalter wird seiner u. a. von MATTHAEUS 
SYLVATICUS und der Aebtissin HILDEGARD Erwähnung gethan. Den Namen 
Valerana erhielt die Pflanze wegen ihrer bedeutenden Heilkráfte. 
      
   
  
     
  
  
  
  
  
  
    
  
  
  
   
  
   
   
    
    
   
  
     
   
    
  
  
  
  
    
   
   
  
  
  
     
   
    
   
   
  
   
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