770 Senf.
Häufig findet sich eine Senfsorte mit bläulich schwarzen Körnern; wird diese ge-
stossen, und vermischt sich dabei der gelbe Kern mit der bläulich schwarzen
Hülle, so bildet sich ein grünes Pulver, was das bekannte grüneSenfmehl ist,
Wesentliche Bestandtheile. Mit der Untersuchung des Senfs hat sich
eine grosse Anzahl von Chemikern bescháftigt, jedoch unter ihnen nur wenige
mit entschiedenem Erfolge, und diese sind besonders: BouTRON und Frimy,
Bussy, HENRY und GarOT, E. SIMON, KôRNER und WiLL. Abgesehen von den in
Samen allgemein verbreiteten Stoffen, lieferten diese Analysen folgende, dem
schwarzen Senf (und z. Th. auch dem weissen) eigenthümliche Materien: Myron-
säure (Bussy), Myrosin (BOUTRON und Frémy, Bussy), Senfsäure (SIMON),
Sinapisin (Sımon). Dazu kommt dann noch das fette Oel des Samens.
Die Myronsáure zu etwa ! 9, im Senf und an Kali gebunden, ist diejenige
Schwefel und Stickstoff enthaltende Verbindung, aus welcher erst durch die
vereinigte Wirkung des Myrosins und Wassers, das schwefelhaltige
ätherische Senfól entsteht. Das myronsaure Kali ist ein krystallinischer Kórper
von bitterem kühlendem Geschmack, und liefert bei diesem Zersetzungsprocesse,
neben dem Oele, noch Zucker und doppeltschwefelsaures Kali.
Das Myrosin, zu etwa 289 im Senf, ist eine eiweissartige Materie, welche
im Aeusseren dem Emulsin der Mandeln gleicht, und mit Wasser eine schleimige
Lósung giebt, die schon bei 60^ gerinnt.
Die Senfsäure ist eine flüchtige, der Ameisensáure áhnliche Säure.
Das Sinapisin gehôrt zu den indifferenten, krystallisirbaren, fettähnlichen
Stoffen.
Das fette Oel, welches 20—30%4 des Samens ausmacht, ist gelb, milde,
trocknet nicht und erstarrt erst bei — 17? C.
Das durch Destillation des Senfs mit Wasser erhaltene átherische Oel,
dem Gesagten zufolge also kein Edukt, sondern ein Produkt des schwarzen
Senfs, ist frisch farblos, riecht und schmeckt äusserst stechend und brennend,
hat 1,010 spec. Gew., löst sich schon in 50 Thln. Wasser und siedet bei 148°.
Was die sonstigen (chemischen Verhältnisse dieser Stoffe betrifft, so muss
darüber auf die betreffenden Lehrbücher verwiesen werden.
Verfälschungen. Mit dem Samen von Sinapisarvensis L., Brassica
Rapa L. und Brassica Napus L. Der erstere ist meist grösser als der schwarze
Senf, mehr kugelig, die schwärzlich-braune Oberhaut glatt, und der Geschmack
weit milder. Der zweite ist schwarz, ı} mal grösser, weit feiner grubig punktirt
und ebenfalls milde, Die dritte ist noch grósser und bláulich schwarz.
Der gestossene Senf — das Senfmehl — ist ebenfalls der Verfälschung
ausgesetzt, und zwar hat man schon Getreidemehl darin gefunden. Um dieses
zu erkennen, braucht man nur das fragliche Mehl im Leinwandsäckchen unter
Wasser zu kneten, wodurch schon nach kurzer Zeit soviel Stärkmehl in das Wasser
übertritt, dass es durch Absetzen u. s. w. gesammelt und dann weiter geprüft
werden kann.
Im Handel kommt aber auch ein ganz vorzüglich reines und sehr feines
Senfmehl vor, welches aus dem Samen von Sinapis juncea MEYER, die man bei
Sarepta an der Wolga baut, bereitet ist. Seine grosse Feinheit und hochgelbe
Farbe verdankt es zwei Manipulationen, der Entfernung der braunen Epidermis
und des fetten Oeles.
Das ätherische Oel unterliegt verschiedenen Betrügereien; man hat es
schon mit Weingeist, Nelkenól, Ricinusól, Schwefelkohlenstoff, Co-
AN. T.
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