Full text: Handwörterbuch der Pharmakognosie des Pflanzenreichs (II. Abtheilung, II. Theil)

    
  
  
  
874 Vanille. 
selten in den Furchen kleine weisse nadelfórmige Krystalle zeigend; an einem 
Ende mit kurzem gekrümmtem Stiele; ziemlich gewichtig, sinken im Wasser zu 
Boden, fühlen sich fettig an, sind etwas weich, sehr zühe, biegsam, schliessen 
unter einer dicken Schale eine Menge schwarzer stark fettglánzender Samen wie 
Sandkórner ein, die durch eine balsamartige Masse etwas zusammenkleben und 
zwischen den Záhnen knirschen. Der Geruch 1st stark eigenthümlich sehr an- 
renehm aromatisch, dem Perubalsam ähnlich, aber weit feiner, der Geschmack 
ga 
etwas süsslich aromatisch. 
Wesentliche Bestandtheile. Nach BUCHOLZ in 100: 1,1 eigenthiimliche 
ng Substanz als Triger des Aromas, 2,3 Harz, 10,8 fettes Oel, 
16,8 bittere Materie, 9,0 herbe Materie (z. Th. eisengrünender Gerbstoff), 
8,3 Zucker, 175,1 Gummi, 2,8 stürkmehlartige Substanz, 20 Faser. BucHorz hielt 
die krystallinische Substanz für Benzoësäure, was BrEv aber wiederlegte; sie 
wurde dann Vanillekampher, Vanillin, auch wegen ihrem schwach saurem 
Verbalten Vanillesáure?) genannt, und von VEE, GOBLEY, STOKKEBYE, CARLES 
und LEUTNER genauer untersucht. Den Gehalt an Vanillin betreffend, so erhielten 
HAARMANN und THIEMANN aus Réunionischer Vanille r,91— 2,48, aus Javanischer 
2,75 und aus Mexikanischer 1,699. 
Man pflegt die mit Krystallen überzogene Waare am hóchsten zu schützen, 
obgleich der Mangel daran durchaus kein Kennzeichen geringerer Qualität ist, 
denn nach Cu. Rump ist gute Vanille im frischen Zustande ganz unkrystallinisch. 
Nach ihm befindet sich in der V. ein Kórper, der das Vanillin noch nicht fertig 
gebildet enthält, sondern nur in seinen nüberen Bestandtheilen, weshaib auch 
die V. auf die Geschmacksorgane weit nachhaltüger wirkt als reines Vanillin. 
Verwechselungen und Verfülschungen. Früchte, welche nicht m oben 
angegebene Beschaffenheit zeigen, vielmehr matt, trocken, eingeschrumpft, 
moderig erscheinen, werden zur Anfrischung wohl auch mit Perubalsam be- 
strichen, besitzen dann aber, ausser der eingeschrumpften Beschaffenheit, einen 
mehr óligen Glanz, kleben mehr und riechen minder angenehm. — Früchte, 
welche am Stamme ganz oder überreif geworden sind, bersten und entlassen 
einen aromatischen Balsam, der in Mexiko sehr geschätzt ist; solche z. 'Th. ent 
leerte und mit fremder Masse gefüllte, zusammengeklebte und in den Handel 
gelangte Früchte sind bei genauer Besichtigung leicht zu unterscheiden. — Die 
Handelssorten werden nach der Grösse, und die mittleren am meisten geschätzt. 
Ausserdem kommt V. von abweichender Gestalt vor, dahin die di reikantige 
brasilianische; sie sieht der gewöhnlichen ziemlich ähnlich, ist aber meist kürzer, 
5— 11i Centim. lang, dicker, bis 8 Millim. dick und mehr oder weniger deutlich 
S RARE Ferner breite, flache (Lagueira-) Vanille, 15—17 Centim. lange, 
18— 3o Millim. breite, 3—6 Millim. dicke, stumpfe, schwarzbraune, ziemlich fett- 
glänzende, unregelmässig gefurchte Kapseln, hie und da mit helleren, blasigen 
und festeren, gleichsam schorfartigen Theilen, ziemlich weich, von Gestalt 
*) Anmerkungsweise móge hier die interessante Thatsache Erwühnung finden, dass es den 
Chemikern HAARMANN und 'THIEMANN gelungen ist, das Vanilin aus dem Kambialsafte der 
Coniferen zu erhalten. Dieser Saft enthält nümlich ein krystallinisches Glykosid (Koniferin), 
das durch Emulsin in Zucker und einen neuen krystallinischen. Kórper (Ko niferylalkohol) 
gespalten wird, der unter Einfluss oxydirender Agentien Essigsäure und Vanillin liefert. — 
Manche Runkelrüben-Rohzuckerarten riechen und schmecken deutlich vanilleartig, und enthalten 
in der That, wie LIPPMANN und SCHETBLER gefunden haben, Vanillin, das also aus einem Be- 
standtlieile der Runkelrübe während ihrer Verarbeitung auf Zucker entstanden sein muss, 
    
  
  
   
    
   
  
  
   
  
   
   
   
  
  
  
  
    
  
  
   
  
   
  
  
  
  
    
     
     
   
  
   
   
   
  
  
    
   
    
   
     
   
  
   
   
  
  
   
   
   
	        
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