Full text: Handwörterbuch der Chemie (2. Abtheilung, 3. Theil, 1. Band)

     
  
   
   
   
   
   
   
   
    
   
  
  
   
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
    
    
  
  
  
   
   
  
   
   
   
  
    
   
  
   
   
   
   
  
  
  
306 Handwörterbuch der Chemie. 
Benzoylchlorid bildet, wenn man es einer ganz wasserfreien ätherischen Lösung von Nicotin 
zusetzt, mit letzterem das Benzoylnicotinchlorid, CoH No(C;H4,OCD,, als anfangs zähe 
Masse, die nach einiger Zeit zu wawellitartig krystallinischen Kugeln erstarrt (28). 
Mit Cyansäure-Aethyläther bildet das Nicotin einen in schönen Blättern krystallisirenden 
zusammengesetzten Harnstoff. (WURTZ, Ann. 80, pag. 349.) 
3eim Einleiten von Cyangas in weingeistige Nicotinlösung entsteht ein braunes, nicht 
basisches und nicht krystallisirendes Produkt. (HOFMANN, Ann. 66, pag. 120.) 
Zersetzungen des Nicotins. Mit festem Natriumhydroxyd erhitzt giebt 
das Nicotin Ammoniak. Beim Destilliren mit concentrirter Kalilauge, sowie beim 
Erhitzen mit gesättigter Barytlösung auf 170° entsteht eine noch nicht näher 
untersuchte flüchtige Base (5). (KRAUT, Ann. 128, pag. 280.) Beim Durchleiten 
von Nicotindampf durch schwach glühende Róhren wird das Alkaloid grossen- 
theils in Wasserstoff und Pyridinbasen (Pyridin, Picolin, Collidin) zersetzt (34). 
In stárkerer Glühhitze entsteht von diesen Basen fast ausschliesslich ein bei 170° 
siedendes Collidin (35), welches bei der Oxydation durch übermangansaures 
Kalium Nicotinsáure liefert und danach als ein Propylpyridin aufzufassen ist. 
Salpetersáure wirkt sehr heftig auf Nicotin ein und verwandelt es in eine 
dicke, gelbe Masse, wobei keine Oxalsáure entsteht. Nach vollendeter Ein- 
wirkung geht beim Destilliren mit Alkalien eine flüchtige Base über. (ANDERSON, 
Ann. 75, pag. 82.) 
Durch Oxydation des Nicotins mit Chromsávremischung (29, 30) oder 
Salpetersáure (31) oder übermangansaures Kalium (32) wird eine als »Nicotin- 
sáure« bezeichnete Pyridincarbonsáure, C,;H,N:CO,H, erhalten, welche beim 
Destilliren mit Kalk Pyridin liefert. 
Wird Nicotin mit einem Fünftel seines Gewichts Schwefel auf 140° und 
schliesslich auf 160—170° erhitzt, so entwickelt sich viel Schwefelwasserstoff, 
und aus der zuletzt chromgrün gewordenen flüssigen Masse scheiden sich in der 
Kälte allmählich derbe, schwefelgelbe Prismen aus, die mit kaltem Alkohol ge- 
waschen und aus heissem umkrystallisirt werden können. Sie schmelzen bei 
155?.und besitzen die Zusammensetzung C,,H,,N,S. Mit Salzsäure bilden sie 
ein lósliches, in feinen Nadeln krystallisirendes Salz von der Zusammensetzung 
C,oH4,4,N,S:2HCI. Canougss und Eramp betrachten die Verbindung als ein 
Thiotetrapyridin (33). Beim Kochen mit verdünnter Salpetersäure liefert. sie 
Nicotinsáure, bei der Destillation mit Kupferpulver eine als Isodipyridin be- 
zeichnete flüssige Base C,9H,4N,. Letztere Base wird auch bei gelinder Oxy- 
dation des Nicotins mittelst Ferridcyankalium erhalten (34). 
Wenn Nicotin mit Selen in lebhaftem Sieden erhalten wird, so lange sich 
ein weisses, Selen und Ammoniak enthaltendes Sublimat bildet, so destillirt aus 
dem Reactionsprodukt nach Zusatz von Natronlauge mit Wasserdümpfen ausser 
jenem Isodipyridin wesentlich ein bei 205^ siedendes Hydrocollidin, C4H,4N (35). 
Constitution des Nicotins. Die Bildung einer Pyridincarbonsáure durch 
Oxydation des Nicotins lässt eine nahe Beziehung des letzteren zum Pyridin 
erkennen, doch ist es noch nicht möglich, aus den verschiedenen beobachteten 
Umsetzungen des Nicotins eine bestimmte Structurformel für dasselbe abzuleiten. 
Eine Formel, welche die Beziehung zum Pyridin hervortreten lässt, ist von 
WISCHNEGRADSKY (36) aufgestellt worden. Jedenfalls spricht die von CAHOURS 
und Emamp beobachtete Entstehung eines Isodipyridins aus dem Nicotin dafür, 
dass letzteres als ein hydrirtes Dipyridin aufzufassen ist. 
Dass durch Erhitzen mit Chlor- oder Jodwasserstoffsáure keine Alkylgruppen 
aus dem Nicotin abgespalten werden, ist wiederholt festgestellt worden (23, 37). 
   
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