Full text: Handwörterbuch der Chemie (2. Abtheilung, 3. Theil, 1. Band)

   
    
   
  
  
   
  
    
   
  
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
  
   
   
   
   
   
    
  
   
   
   
   
   
  
   
   
   
  
   
   
   
  
  
   
   
   
   
   
   
   
   
   
     
   
    
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N, Ber. 1876, 
1) v. GELDER, 
SELMI, Monit. 
NI, Ber. 1882, 
196. 18) Fr 
17, pag. 327; 
) SPIcA, Gazz. 
roso, Compt. 
O. 25) SELMI, 
30, pag. 2440. 
Alkaloide. 421 
Jodsáure, Goldchlorid u. s. w. stark reducirend. Einige sind flüchtig, andre nicht. Von letzteren 
losen sich einige in Aether, andre nicht in Aether, aber in Amylalkohol, wihrend noch andre 
in beiden Lösungsmitteln unlöslich sind, Die Ptomaine geben mit fast allen allgemeinen Alkaloid- 
Fillungsmitteln Niederschläge, einige auch mit Platinchlorid, Cyansilberkalium und dichrom- 
saurem Kalium. Mit jodhaltiger Jodwasserstoffsäure geben mehrere derselben krystallisirte Ver- 
bindungen, die zum Theil den entsprechenden Verbindungen von Pflanzenalkaloiden durchaus 
ähnlich sind. An einigen Ptomainen beobachtet man einen eigenthümlichen Geruch, sowie einen 
scharfen, abstumpfenden, zuweilen auch bitteren Geschmack. Die Ptomaine sind zum Theil sehr 
heftig wirkende Gifte, bewirken vorübergehende Erweiterung der Pupille, convulsivische Be- 
wegungen und starke Contraction des Herzens nach dem Tode. Andre greifen den thierischen 
Organismus nicht an. Von allgemeineren Farbenreactionen werden hervorgehoben: eine roth- 
violette Färbung mit verdünnter Schwefelsäure oder mit Salzsäure und Schwefelsäure in der 
Wärme, eine rothe Färbung mit Schwefelsäure und Bromwasser, eine goldgelbe Farbe, welche 
nach dem Erwärmen mit Salpetersäure durch Kalilauge hervorgerufen wird. Im Allgemeinen 
werden die Ptomaine an der Luft leicht unter Braunfärbung zersetzt. 
Ein Versuch, aus den flüchtigen. Leichenalkaloiden chemische Individuen von bestimmtem 
Siedepunkt zu isoliren, führte bisher nicht zum Ziel (15). 
Die Aehnlichkeit mancher Ptomaine mit gewissen Pflanzenalkaloiden gebietet bei der ge- 
richtlichen Nachweisung der letzteren in Leichentheilen die äusserste Vorsicht. Aus Leichen- 
theilen sowohl wie aus gefaultem Eiweiss (9, 10) ist ein Alkaloid erhalten worden, welches 
nach seinem Geruch mit Coniin verwechselt werden könnte. Aus Gehirn und Leber des 
Menschen und des Ochsen gewann SELMI ein Alkaloid, welches sich, áhnlich dem Morphin, mit 
Eisenchlorid bláulich fürbte, übrigens nicht giftig wirkte (17). Dasselbe glich durchaus einem 
aus den grünen Fruchtkapseln von Zapaver Rhoeas abgeschiedenen Alkaloid, mit dem es vielleicht 
identisch war. Ein andres Ptomain vermochte FiNoccHI (18) bei genauer Vergleichung nicht 
von dem Oleandrin zu unterscheiden. Auch physiologische Versuche schützen keineswegs immer 
vor Tüuschung, abgesehen davon, dass die physiologische Wirkung mancher Ptomaine diejenige 
der etwa gleichzeitig vorhandenen Pflanzenalkaloide beeintrüchtigen kann. Eine von SELMI bei 
der Fäulniss von Eieralbumin erhaltene Base (9, 16) sowie eine von den vier Basen, welche 
SPICA (12) aus einem eitrigen Abscess isolirte, zeigten eine ähnliche physiologische Wirkung, 
wie das Curarin. Die von ZÜLZER u. SONNENSCHEIN (2) aus anatomischer Macerationsflüssigkeit 
gewonnene krystallisirte Base äusserte ähnliche physiologische Wirkungen, wie das Atropin. 
Aus verdorbenem Mais wurde eine anscheinend durch Fäulniss von Eiweissstoffen entstandene 
Substanz abgeschieden, welche, ähnlich wie Strychnin, tetanisirend wirkte, sich auch mit Schwefel- 
säure und oxydirenden Mitteln vorübergehend himmelblau oder violett färbte (24). Verwechs- 
lungen von Ptomainen mit Pflanzenalkaloiden, so mit Delphinin und selbst mit Morphin, sind 
bei gerichtlichen Untersuchungen thatsächlich vorgekommen (14, 19). 
Ein allgemeines Merkmal zur Unterscheidung der Ptomaine von Pflanzenalkaloiden ist nicht 
bekannt. Die vorgeschlagene Reaction mit Ferridcyankalium (20) kann keine Entscheidung 
herbeiführen, da einerseits viele Pflanzenalkaloide auf das genannte Reagens ebensowohl redu- 
cirend wirken, wie die Ptomaine (21), andrerseits für die letzteren jene Reaction nicht als eine 
ausnahmslose constatirt ist. Man ist darauf angewiesen, die aus Leichentheilen isolirten Pflanzen- 
alkaloide möglichst rein darzustellen und möglichst viele vergleichende Reactionen damit anzu- 
stellen. Die sorgfältige Reinigung dient nicht nur dazu, durch Entfernung färbender Verun- 
reinigungen die characteristischen Reactionen des betreffenden Alkaloids unzweideutiger hervor- 
treten zu lassen, sondern bietet auch den Vortheil, dass während der üblichen Reinigungs- 
operationen etwa beigemengte Ptomaine zersetzt und unschädlich gemacht zu werden pflegen (22). 
SELMI hat gefunden, dass Arsen und Phosphor in basische Substanzen eingehen können, 
die sich im Organismus bilden. Nachdem er früher aus zwei Leichen, welche arsenige Säure 
enthielten, ein krystallisirbares, giftiges, aber arsenfreies Leichenalkaloid gewonnen hatte (25), 
gelang es ihm spiter, in einem Schweinemagen, der in einer Lósung von arseniger Säure auf- 
bewahrt worden war, zwei arsenhaltige Basen nachzuweisen, von denen eine flüchtig war. Auch 
im Harn mit Arsenik Vergifteter fand er giftige, flüchtige, arsenhaltige Basen (26). Nach Phos- 
phorvergiftungen wurden im Harn, sowie in Gehirn und Leber, die der frischen Leiche ent- 
  
  
  
  
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