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140 Handwórterbuch der Chemie.
löslich und krystallisirt daraus in farblosen, atlasglànzenden Bláttchen, die sich an feuchter Luft
roth fárben und mit siedendem Wasser sofort in Selen, selenige Säure und Blausäure zerfallen (774).
Tellurocyansüure oder Salze derselben lassen sich nicht darstellen. Das Kaliumsalz
bildet sich augenscheinlich beim Zusammenschmelzen von Tellur mit Cyankalium oder Blut-
laugensalz (767), wird aber grossentheils schon beim Behandeln der Schmelze mit Wasser, voll-
stindig beim Durchleiten von Luft oder Kohlensäure durch die Lösung, unter Abscheidung von
Tellur zersetzt [Trennung des Tellurs von Selen und Schwefel (775)].
Cyanamid, CN-NH, [oder »Carbodiimid« =C(NH), (?)]. Durch Zusammen-
leiten von Cyanchlorid und trocknem Ammoniak erhielt schon BrxEAU (778) ein
Gemenge von Cyanamid und Salmiak (sein »Chlorcyanammoniak«). CH CI4-2NH,
— CN-NH, +— NH,CI. Von CLoëz und CANNIZZARO (777) wurde 1851 das
Cyanamid rein dargestellt durch Einleiten des Cyanchlorids in mit Ammoniak
gesáttigten, wasserfrelen Aether, Abfiltriren vom Salmiak und Verdunsten des
Filtrats. Es kann ferner aus dem Harnstoff, sowie aus kohlensaurem oder
carbaminsaurem Ammoniak durch Abspaltung von Wasser erbalten werden, indem
man dieselben vorsichtig mit Natrium erhitzt (779), leichter aus dem Sulfoharnstoff
durch Abspaltung von Schwefelwasserstoff mittelst Quecksilberoxyd (781, 780),
Silberoxyd (784), Bleiessig, Bleisuperoxyd oder unterchloriger Sáure (782). Cyan-
amid bildet sich ebenfalls beim Zusammenschmelzen von Natriumamid mit cyan-
saurem Natrium (542): NaNH, + CONNa = H,0 + CN,Na, (Cyanamidnatrium),
daher auch beim Ueberleiten von Kohlensáure über erhitztes Natriumamid (783),
Wobei eben zunáchst cyansaures Natrium entsteht: NaN H,-2- CO,—NH,. CO,Na
und NH,.CO,Na — CONNa 4- H4O (542). Viele cyansaure Salze, namentlich
cyansaures Calcium und Barium, zersetzen sich beim Erhitzen in Kohlensáure
und die betreffenden Metallderivate des Cyanamids: (CON),Ca — CO, -- CN,Ca.
Man erhált z. B. eine erhebliche Ausbeute an Cyanamid durch Schmelzen von
cyansaurem Kalium mit Chlorcalcium (542, 171).
Darstellung. Frisch gefilltes feuchtes Quecksilberoxyd (oder geschlimmtes rothes Oxyd)
wird in kleinen Antheilen in eine kalte, nicht ganz gesättigte Lösung von Sulfoharnstoff einge-
tragen, bis eine auf Fliesspapier herausgezogene Probe der Flüssigkeit mit ammoniakalischer
Silberlösung eben keine Schwärzung mehr zeigt. Das mit einer Spur Essigsäure versetzte Filtrat
wird rasch eingedampft und die beim Erkalten erstarrte Masse durch Aufnehmen in Aether von
etwas Dicyandiamid befreit (780), vergl. (785, 786).
Darstellung aus rohem Melam durch Glühen mit Kalk (171).
Farblose, zerfliessliche Krystalle, leicht lóslich 1n Wasser, Alkohol und Aether,
schwer in Schwefelkohlenstoff, Benzol, Chloroform. Das Cyanamid schmilzt bei
40°, zeigt aber leicht weit unterhalb dieser Temperatur die Erscheinung der
Ueberschmelzung. Bei längerem Aufbewahren im trocknen Zustande (783) oder
in wässriger Lôsung (781) polymerisirt es sich zu Dicyandiamid. Schnell findet,
namentlich beim Erwärmen, dieser Uebergang statt in einer mit etwas Alkali,
Ammoniak oder Anilin versetzten concentrirten Lôsung des Cyanamids (781, 787),
oder beim Erwármen seiner alkoholischen Lösung mit etwas Phenol (786). Er-
hitzt man trocknes Cyanamid schnell auf-150°, so polymerisirt es sich plötzlich
unter heftiger Wärmeentwicklung zu festem Cyanuramid (Melamin) (777). Als
Zwischenprodukt tritt auch hierbei Dicyandiamid auf (788). In säurehaltiger
[nicht in neutraler (781)] wässriger Lösung bildet das Cyanamid durch Wasser-
aufnahme leicht Harnstoff (777, 781). Aus seiner ätherischen Lösung scheidet
sich auf Zusatz von etwas Salpetersäure schnell salpetersaurer Harnstoff aus (777).
Warme, wasserfreie Ameisensäure bildet unter heftiger Reaction Harnstoff und
Kohlenoxyd (786).
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