Full text: Handwörterbuch der Chemie (2. Abtheilung, 3. Theil, 3. Band)

   
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Ebenso addirt sich das Cyanamid direkt mit Schwefelwasserstoff zu Sulfo- 
harnstoff, rasch namentlich bei Anwesenheit von etwas Ammoniak (781), vergl. 
(782, 800). Nascirender Wasserstoff führt das Cyanamid in Ammoniak und Methyl- 
amin über (785)  Salpetrigsaures Kalium wirkt beim Erwármen heftig ein; es 
werden Kohlensáure, Stickstoff und etwas Dicyandiamid gebildet (785). 
Mit Aldehyd verbindet sich das Cyanamid unter Wasseraustritt zu Triáthyliden- 
melamin (789), mit Chloral addirt es sich direkt zu einer harzartigen Verbindung 
(CN,H, 4- C,CI, HO) (790). Mit den Amidosáuren tritt es ebenfalls direkt zu- 
sammen; so entsteht mit Glycocoll das Glycocyamin (791), mit Sarkosin Kreatin 
(792). Mit Salmiak vereinigt sich das Cyanamid beim Erhitzen mit Alkohol zu 
salzsaurem Guanidin (793) Mit Dicyan addirt es sich zu einer gelblichen, 
amorphen Verbindung (794). 
Verbindungen des Cyanamids mit Sáuren. 
Das Cyanamid vereinigt sich mit zwei Molekülen Chlor- oder Bromwasserstoff- 
sáure zu salzartigen Verbindungen: 
Salzsaures Cyanamid, CN,H,:2HCIl, wird durch Einleiten von trocknem Salzsáuregas 
in eine ütherische Lósung von Cyanamid erhalten (785, 782).  Krystallinisches Pulver, dusserst 
leicht löslich in Wasser, weniger in Alkohol, fast gar nicht in Aether. Aus Alkohol in Warzen 
krystallisirbar. Beim Erhitzen über 100° entweicht Salzsäure, wobei Melamin zu entstehen scheint. 
Beim Verdampfen der wässrigen Lösung entsteht Dicyandiamid. Die alkoholische Lösung löst 
Quecksilberoxyd auf, worauf beim Verdampfen die Verbindung, CN,H, + HgCl, + 3H,0, 
krystallisirt. 
Beide Wasserstoffatome des Cyanamids lassen sich durch Metalle, durch 
Alkohol- und durch Sáureradikale vertreten. Diese Thatsache ist für Manche ein 
Grund gewesen für die Annahme der symmetrischen Constitution des Cyanamids, 
d. h. für die Auffassung desselben als Carbodiimid C(NH),, vergl. (783, 795, 782, 
796, 797). Die Bildung des Cyanamids aus Chlor- oder Bromcyan und Ammoniak, 
die sich bei dieser Annahme weniger einfach erklürt, müsste auf zwei auf einander 
folgende Vorgänge zurückgeführt werden: CNCI 4- NH, — CCI- NH- NH, und 
CCI-. NH- NH, — HCl + C(NH), (VAN THorr). Mit Entschiedenheit spricht 
aber für die unsymmetrische Formel CN-NH, die Thatsache, dass das Diáthyl- 
cyanamid, und zwar auch das direkt aus dem Cyanamidsilber, CN,Ag,, und 
Aethyljodid gewonnene, beim Erwármen mit Salzsáure nicht Aethylamin, sondern 
Ammoniak und Diáüthylamin liefert (790). 
Metallderivate des Cyanamids. Cyamide. Beim Zusammenbringen von 
Alkalien oder alkalischen Erden mit gelóstem Cyanamid entstehen nur die in 
Wasser lóslichen, einbasischen Salze, wie CN,HNa und (CN,H),Ca. Die zwei 
basischen Salze der genannten Basen, wie CNyNa, und CN,Ca lassen sich nur 
auf trocknem Wege gewinnen und werden durch Wasser sofort in freie Base und 
einbasisches Salz zersetzt. Dagegen entstehen bei der Fillung von Cyanamid- 
lösung durch Schwermetallsalze als Niederschláge die betreffenden zweibasischen 
Salze, z. B. CN, Ag, CN;Pb. 
Von den zweibasischen Alkalisalzen wurde die Natriumverbindung, CN,Na,, 
dargestellt durch Glühen von cyansaurem Natrium mit Natriumamid: CONNa 
+ NaNH, = CN,Na, + H,0 (542). Es wurde ferner die Entstehung kleiner 
Mengen von Alkalicyamiden beobachtet beim Glühen von Aetznatron mit Cyan- 
kalium (171): 2CNK + 4NaOH = CN,K, + CO,Na, + Na,O + 2H, oder mit 
cyansaurem Kalium: 29CONK 4- 2NaOH — CN,K, -- CO4,Na, -- H4O0 (171). 
Verschiedene cyansaure Salze, namentlich diejenigen der alkalischen Erden, zer- 
  
     
   
   
    
   
   
  
  
  
   
  
  
    
  
   
   
   
  
    
  
   
  
  
  
    
    
    
  
   
  
   
   
  
  
  
  
  
    
  
   
   
   
    
    
    
   
  
   
   
   
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
 
	        
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