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484 Handwôrterbuch der Chemie.
Zustand ist allerdings wenig bestündig. Eine kleine Bewegung des Stabes genügt, damit die
Einwirkung lebhaft beginnt.
Diese Erscheinungen kann man durch die Annahme einer das Eisen umgebenden Gashülle
erkliren. Anfangs entwickeln sich Gasblasen, die, wenn sie sich nicht mehr in der Flüssigkeit
lösen können, an dem Metall haften. Die durch Capillarität verursachte Cohäsion derselben
wird aufgehoben, sobald das Metall innerhalb der Säure bewegt wird. Wenn die Concentration
der Säure unterhalb der erwähnten Grenze liegt, so tritt die Erscheinung in Folge der Langsam-
keit, mit welcher die Gasblasen sich lösen können, intermittirend auf. Bei dem Versuch, durch
welchen nur ein Theil des Eisens passiv gemacht wird, bleibt die Gashülle anfangs auf diesen
beschränkt. Bei weiterem Eintauchen in verdünnte Säure werden die Gasblasen von der schon
vorhandenen Gashülle angezogen, die somit allmählich den ganzen Eisenstab umgeben kann.
Diese, früher schon #hulich von MoussoN (27) aufgestellte Gashiillentheorie wird von vielen
bestritten, so von FARADAY (28), SCHÔNBEIN und BEETZ (29). Ebenso hat neuerdings RAMANN
(30) die Passivität des Eisens der Bildung von Eisenoxyduloxyd zugeschrieben. Dieser Körper
ist schwer löslich in concentrirter, leicht löslich in verdünnter Salpetersäure. Dafür spricht auch,
dass Eisendraht durch schwaches Erhitzen passiv wird; sowie durch galvanische Ströme, wenn
das Eisen die positive Elektrode in sauerstoffhaltigen Flüssigkeiten bildet; ferner durch chemische
Umsetzungen, wobei Eisenoxyduloxyd auftritt, z. B. durch Einwirkung von Ferronitrat:
4Fe(NO,), + 8H,0 + 11Fe = 4NH,(NO,) + 5Fe,0,.
Auch andere oxydirende Kórper, wie Chlorsäure, Bromsäure, Jodsäure, Chromsäure, Wasser-
stoffsuperoxyd wirken ähnlich (Ker).
In allen Fällen wird der passive Zustand aufgehoben, wenn man das Eisen
stark reibt, oder in reducirenden Gasen ausglüht, oder wenn man es in Berührung
mit activem Fisen oder Zink bringt. WOHLER hat passives Eisen auch in Meteor-
eisen aufgefunden.
Einwirkung des Wassers. Von kohlensáure- und luftfreiem Wasser wird
Eisen bei gewóhnlicher Temperatur nicht angegriffen, vorausgesetzt, dass kein
Körper zugegen ist, der, wie z. B. Eisenoxyd, elektronegativer als Eisen ist.
In lufthaltigem Wasser oxydirt das Eisen sich zu Eisenhydroxyd. Dabei
bilden sich durch Vereinigung des frei werdenden Wasserstoffs mit dem Luft-
stickstoff geringe Mengen Ammoniak, welches von dem Eisenhydroxyd absorbirt
wird. Wenn bei starker Wasserschicht der Luftzutritt zum Eisen beschränkt wird,
so bildet sich durch Einwirkung des Eisens auf das Eisenhydroxyd ein schwarzes
Hydrat des Eisenoxyduloxyds [HALL (31), WÖHLER]. Die Gegenwart von Alkali
verhindert die Entstehung des Rostes (s. oben). Es liegt dies nicht daran, dass
die Kohlensäure der Luft vom Alkali absorbirt wird, denn das Eisen oxydirt sich
im Wasser auch durch Luft, welcher die Kohlensäure entzogen worden ist. Auch
die geringere Lösungsfähigkeit der Alkalilösungen für Sauerstoff kann die Ursache
nicht sein, denn Kalkwasser, welches nahezu ebensoviel Sauerstoff löst wie reines
Wasser, schützt das Eisen ebenfalls vor dem Rosten. Auch gewisse Verunreini-
gungen des Eisens haben Einfluss auf seine Oxydirbarkeit im Wasser; Schwefel-
gehalt beschleunigt die Oxydation, Phosphor scheint sie zu verzógern.
Das Wasser wird durch Eisen schon bei wenig erhóhter Temperatur zersetzt.
Nach HALL (31) und GUIBOURT zersetzt fein gepulvertes Fisen das Wasser schon
bei Siedetemperatur. Bei Rothgluth wird das Eisen von Wasserdampf unter
Wasserstoffentwicklung zu magnetischem Oxyduloxyd oxydirt. Die Zersetzung
des Wassers durch Eisen wird begrenzt durch die umgekehrte Reaction, nämlich
die Reduction des erzeugten Oxydes durch den frei gewordenen Wasserstoft.
Diese Verhältnisse sind von H. STE. CLAIRE-DEVILLE (33) näher erforscht worden.
Wird reines Eisen in Wasserstoffsu peroxydlösung getaucht, so entwickeln
sich Gasblasen und es bilden sich kleine Flocken von Eisenhydroxyd [WELTZIEN (34)]
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