Full text: Handwörterbuch der Chemie (2. Abtheilung, 3. Theil, 3. Band)

   
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Ernährung. 611 
vorausgesetzt, nicht allein von der chemischen Natur ab, sondern auch von dem 
Grade der Vertheilung oder, allgemeiner ausgedrückt, von physikalischen Eigen- 
schaften: so ist Fett von hohem Schmelzpunkt, welches bei Kör 
nicht erweicht, kein Nährstoff mehr, weil es unter den im Darm herrschenden 
Bedingungen nicht in Lösung geht resp. nicht emulgirt werden kann. Dasselbe 
gilt für hart zusammengetrocknetes Eiweiss, Casein etc.; 
2. sie muss nach der Resorption für die im Körper stattfindenden chemischen 
Vorgänge angreifbar sein. Eine Substanz, die den Thierkörper durchläuft, ohne 
eine Veränderung zu erleiden, kann nie ein Nährstoff sein; so ist z. B. der 
Mannit kein Nihrstoff, trotzdem er cl 
pertemperatur 
hemisch dem Traubenzucker sehr nahe steht; 
3. sie darf keine hochoxydirte Verbindung sein, denn eine solche kann nur 
wenig Spannkraft liefern; 
4. sie darf keine giftige Wirkung und überhaupt keine merkliche Einwirkung 
auf das Nervensystem äussern; 
9. sie darf auf die Sinne, namentlich Geruchssinn und Geschmackssinn, nicht 
offensiv wirken. 
Nicht jede Substanz, welche diesen Bedingungen entspricht, ist ein Náühr- 
stoff. Ob eine solche Substanz nun auch wirklich nährende Eigenschaften hat, 
ist nur durch die Erfahrung resp. durch einen Versuch zu entscheiden: wir 
kennen keine chemischen Merkmale, welche die Unterscheidung 
eines Nährstoffes von einem Nichtnährstoff theoretisch ermôglicht. 
So werden z. B. eine Reihe organischer Säuren, wie Citronensäure, Milchsäure, 
Weinsäure, Buttersäure etc. im Organismus oxydirt, bilden also Wärme, allein, 
wenn man sie einem Thiere giebt, das sich unter bestimmten Ernährungsver- 
hältnissen befindet, so ändert die Zugabe von Säure nichts in seinen Stoffwechsel- 
verhältnissen, es verbraucht ebensoviel Fett und Eiweiss, wie vorher. Die Säuren 
sind folglich keine Nährstoffe, weil sie nicht im Stande sind, bei ihrer Oxydation 
eine bestimmte Menge Körpersubstanz zu ersetzen resp. die Zerstörung einer be- 
stimmten Menge Körpersubstanz zu verhüten. Diese Eigenschaft lässt sich bisher 
theoretisch nicht erkennen, sondern nur durch einen Versuch am lebenden 
Körper. Indessen scheint von chemischer Seite soviel festzustehen, dass 
Körpern von hohem Molekulargewicht ernährende Eigenschaften zukommen. 
Welche organischen Stoffe müssen nun dem Körper zur Erhaltung 
des Lebens fortdauernd zugeführt werden? Die Erfahrung lehrt, dass 
unsere Nahrung ganz vorwiegend Substanzen aus den drei grossen Gruppen der 
Fette, Kohlehydrate und Eiweisskörper enthält. Muss die Nahrung nothwendig 
alle drei Gruppen enthalten? 
Ein mıt Fett oder Kohlehydraten oder beiden zugleich gefüttertes Thier 
scheidet fortdauernd Harnstoff aus (RUBNER) (9), ebenso, wie ein hungerndes. 
Dieser kann nur aus dem Eiweissbestand des Organismus selbst stammen, also 
sind die erwähnten Substanzen nicht im Stande, die Zerstörung von Körper- 
geweben ganz zu verhüten. Die Nahrung muss vielmehr nothwendig Ei- 
weiss enthalten, weil erfahrungsgemäss unter den im Organismus herrschen- 
den Bedingungen Eiweiss zerfällt. Ueber die Ursachen, welche den Zerfall be- 
wirken, sind wir nicht genauer unterrichtet, wenigstens liegt nur für einen sehr 
kleinen Theil des erforderlichen Eiweiss die Nothwendigkeit klar zu Tage. Es 
findet fortdauernd ein geringer Verlust stickstoffhaltiger Substanz statt durch Ab- 
stossung der obersten Schichten der Haut, durch Verlust von Haaren, Epithel- 
zellen des Darms, durch Abgabe eiweisshaltiger Secrete, doch ist dieser Verlust 
nur 
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39° 
     
    
    
   
     
   
      
    
   
    
   
    
   
  
  
   
   
   
  
  
   
    
   
  
  
  
  
    
     
  
   
  
  
   
    
  
   
    
  
  
	        
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