Full text: Handwörterbuch der Chemie (2. Abtheilung, 3. Theil, 4. Band)

   
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Fäulniss. 3 
3. Die Bedingungen der Fäulniss fallen zusammen mit den Lebens- 
bedingungen des sie hervorrufenden Spaltpilzes resp. der Spaltpilze. Die Gegen- 
wart einer fáulnissfihigen Substanz vorausgesetzt, ist zum Eintritt der Fäulniss 
erforderlich a) die Gegenwart von Wasser: völlig trocknes Eiweiss fault nicht. 
b) Eine Temperatur über 0°. In gefrorenen Medien kann selbstverständlich keine 
Fäulniss stattfinden, aber auch bei einigen Graden über Null findet die Fäulniss 
ausserordentlich langsam statt. Die obere Temperaturgrenze für den Eintritt der 
Fäulniss ist nicht näher untersucht. c) Die Gegenwart gewisser Salze, sogen. 
Nährsalze. Möglichst salzarme Eiweisslösungen faulen auch bei Einsaat von 
Organismen schwierig und erst dann lebhafter, wenn durch den Staub Salze hin- 
eingelangt sind. Welche Nährsalze für die Fäuinissorganismen erforderlich sind, 
ist nicht speciell untersucht; nach Analogien kann man annehmen, dass von den 
Sáuren nur Phosphorsáure, vielleicht Chlor, von Basen Kalium und Calcium, 
vielleicht auch Magnesium erforderlich sind. In den meisten Füllen ist auch bei 
Anstellung von Fäulnissversuchen ein besonderer Zusatz von Salzen nicht erforder- 
lich, da die aus dem Pflanzenkórper oder Thierkórper dargestellten Eiweiss- 
substanzen die nóthigen Salze ohnehin als Verunreinigung enthalten. — 
Damit sind die nothwendigen Bedingungen für die Entwicklung der Fáulniss- 
organismen erschópft. Bringt man daher zu in Wasser suspendirtem oder gelóstem 
Eiweiss ein auch noch so kleines Trópíchen einer faulenden, mit den specifischen 
Organismen erfüllten Flüssigkeit, so tritt die "Aulnissspaltung mit Sicherheit ein 
und setzt sich, eine genügende Quantitit Wasser und alkalische Reaction voraus- 
gesetzt, fort bis zur vollständigen oder nahezu vollständigen Auflösung und Zer- 
setzung der ganzen zum Versuch genommenen Quantität Eiweiss. Oft bleibt die 
Fäulniss aber auch vor vollständiger Zersetzung stehen; man führt den Stillstand 
in der Regel auf die Anhäufung der Zersetzungsprodukte zurück, welche anti- 
septisch wirken (s. weiter unten). 
    
   
Sehr günstige Verhältnisse für vollständige Zersetzung bietet das vom Ver- 
fasser (11) gewählte Gemisch, in welchem die Eiweisssubstanz (Fibrin, Serum- 
eiweiss, Fleisch) zu dem Wasser in dem Verhältniss von 1 (Trockengewicht) : 20 
steht. In Mischungen von 2 Kilo feuchten Blutfibrin mit ca. 209. Eiweissgehalt, 
8 Liter Wasser, 240 Cbcm. kaltgesáttigter Lósung von Natriumcarbonat, 9 Grm. 
Monokaliumphosphat, 1 Grm. krystallisittem Magnesiumsulfat bleiben nach er- 
schópfender Fäulniss (38 Tage) hóchstens 29 des Eiweiss unzersetzt, trotz Ab- 
schluss der Luft und trotz der Anháufung der Zersetzungsprodukte in der Flüssigkeit. 
Auch beim einfachen Stehenlassen der oben erwihnten Mischungen tritt 
Fáulniss ein, indem durch sogen. spontane Aussaat die sehr verbreiteten Fáulniss- 
bacillen oder deren Keime aus der Umgebung hineingelangen. Ganz besonders 
günstige Bedingungen für den Eintritt der Fáulniss bieten auch die natürlichen 
Gewebe des Thierkórpers, so die Muskeln, die drüsigen Ozgane, das Gehirn, *) — 
die von einer die Entwicklung der Fáulnissorganismen ausserordentlich befôrdern- 
den Flüssigkeit durchtránkt sind. Auch im ganzen Thierkôrper tritt die Fäulniss 
nach dem Tode schnell ein, befördert durch die anfangs dem todten Körper 
noch zukommende höhere Temperatur. Die Fäulnissorganismen stammen in diesem 
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Falle wahrscheinlich vom Darmkanal, in dem sie auch wüáhrend des Lebens stets 
*) Ausgenommen sind nur die Knochen; diese faulen nur von der Oberfläche her, da die 
Einbettung der leimgebenden organischen Substanz in die starre anorganische Grundlage die 
Quellung und Auflösung verhindert. 
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