Full text: Handwörterbuch der Chemie (2. Abtheilung, 3. Theil, 4. Band)

   
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Farbstoffe, organische. 9 
Diese Eigenschaft des Anfárbens kommt allerdings nur solchen gefárbten 
Kórpern zu, welche einen mehr oder weniger ausgesprochenen Sáure- oder 
Basencharakter besitzen, doch ist es wahrscheinlich, dass dieselbe wieder mit 
einer theils sauren, theils basischen Eigenschaft der thierischen Faser zusammen- 
hängt, von welchen sich die erstere den Farbbasen, letztere den Farbsáuren 
gegenüber geltend macht. 
Gewisse Thatsachen sprechen dafür, dass die Verbindungen der Farbstoffe 
mit der Faser nichts anderes sind als salzartige Verbindungen, in welchen die 
Faser in einem Fall die Rolle einer Sáure, im andern die Rolle einer Base spielt. 
Das Rosanilin ist z. B. in Form seiner freien Base ungefärbt, während seine 
Salze gefärbt sind. Bringt man jedoch in die farblose Lösung der Rosanilinbase 
einen Woll- oder Seidenstrang und erwärmt die Flüssigkeit, so färbt sich der 
Strang intensiv roth, und zwar ebenso intensiv, als ob die entsprechende Menge 
von Rosanilinchlorhydrat oder eines andern Rosanilinsalzes angewendet wurde. 
Diese Erscheinung ist kaum anders zu erklüren, als dass die farblose Rosanilin- 
base mit der Faser eine Verbindung eingeht, welche sich wie ein Salz des Ros- 
anilins verhält und wie dieses gefärbt ist. Die Faser spielt in dieser Verbindung 
die Rolle einer Säure. Salze von Farbbasen werden vermuthlich durch den 
Färbeprocess zerlegt, wenigstens erklärt diese Annahme die Thatsache, dass ge- 
wisse sehr stark basische Farbstoffe in Form ihrer Salze die Wolle nicht anfärben. 
Ein solcher Farbstoff ist z. B. das Methylgrün. Seine Salze sind wie die aller 
Ammoniumbasen sehr beständig, ein hineingebrachter Wollstrang vermag dieselben 
nicht zu zerlegen und wird deshalb nicht gefärbt. Die Färbung findet jedoch 
statt, wenn man das Bad durch Ammoniak schwach alkalisch macht. Die 
Seidenfaser scheint stärker saure Eigenschaften zu besitzen als die Wollfaser, da 
sie auch durch derartige Farbstoffe gefärbt wird. 
Aehnliche Erscheinungen zeigen sich beim Auffärben einiger saurer Farb- 
stoffe. Die thierische Faser ist meist nicht im Stande die Salze von Farbsäuren 
zu zerlegen und letztere müssen deshalb durch Zusatz von anderen Säuren daraus 
frei gemacht werden. Einige Farbsáuren (z. B. die Sulfosäuren der Amidoazo- 
körper) besitzen nun aber eine andere Fáürbung als ihre Alkalisalze. Hier tritt 
nun die eigenthümliche Erscheinung ein, dass die freie Sulfosáure die Faser nicht 
mit der ihr eigenthümlichen Farbe, sondern mit der ihrer Salze anfárbt. Die 
Faser muss hier der Farbsáure gegenüber demnach die Rolle einer Base spielen. 
Fasst man demgemäss die Verwandtschaft der Farbstoffe zur Faser als 
chemischen Verbindungsprocess auf, so schwindet der chemische Unterschied 
zwischen der gefárbten Faser und den eigentlichen Farbstoffen. 
Die chromogenen Gruppen dürften demnach als blosse Tráger der sauren 
oder basischen Eigenschaften zu betrachten sein. Allerdings muss hier hervor- 
gehoben werden, dass der Farbstoffcharakter durch den Eintritt solcher Gruppen 
wesentlich modificirt wird, und namentlich die Intensität und Tiefe der Färbung 
mit der Zahl derselben wächst. 
Schwerer zu erklären bleibt vom chemischen Standpunkt die Verwandtschaft, 
welche einzelne Farbstoffe zur Pflanzenfaser zeigen. Einige stark basische Farb- 
stoffe, wie z. B. Safranin und Methylenblau, werden von reiner, ungebeizter 
Baumwolle in geringer Menge fixirt. In reichlicherem Maasse werden jedoch 
einige in der Natur vorkommende Farbstoffe, sowie einige Azofarbstoffe von der 
Baumwollfaser aufgenommen. Unter ersteren sind das Curcumin und das Carth- 
amin, unter letzteren die Azofarbstoffe des Benzidins zu erwähnen, 
     
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
   
	        
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