|
Handwôrterbuch der Chemie.
V. Wassergas.
Kommt Wasserdampf mit glühendem Kohlenstoff in Berührung, so wird bei
hoher Temperatur, 1000—1200°, Kohlenoxyd und Wasserstoff gebildet (C+ H,O
— CO -r- H,), bei niedriger Temperatur, bei ca. 500? beginnend, dagegen Kohlen-
dioxyd und Wasserstoff (C 4- 2H,O — CO, 4- 2H,). Wáhrend man früher zur
Ausführung dieses Processes, Darstellung von sogen. Wassergas, Retorten benutzte,
welche mit Holzkohle, Kohle, Coke u. s. w. gefüllt waren und in einem Ofen
erhitzt wurden, ist man jetzt dazu übergegangen, Wassergas in Schachtófen,
Generatoren genannt, zu erzeugen. In denselben wird durch Einblasen von Luft
mittelst Ventilator oder Gebläse zuerst eine energische Verbrennung von An-
thracit, Coke, aschenreichen Cokeabfálen oder Kohle hervorgerufen, bis der
ganze Inhalt des Generators Weissgluth erlangt hat, sodann wird die Luftzufuhr
abgestellt uud solange Wasserdampf eingeblasen, bis durch dessen Zersetzung die
Temperatur zu einer gewissen Grenze herabgesunken ist. Das erzeugte Wassergas
wird durch eine Rohrleitung, welche vorher durch Schieber abgesperrt war, abge-
leitet. Man beginnt hierauf den Process wieder von vorn mit dem Warmblasen.
Die während des Warmblasens aus dem Generator entweichenden Gase enthalten
ca. 28—30$. Kohlenoxyd und werden in Regeneratoren, gitterartig mit Steinen
ausgesetzte, cylindrische Behàálter, geleitet und dort durch Zuführung von Luft
vollstándig verbrannt. Die auf diese Weise stark erhitzten Regeneratoren dienen
entweder zur Ueberhitzung des Wasserdampfes oder auch zur Zersetzung von
Kohlenwasserstoffen, fals man, wie weiter unten beschrieben ist, carburirtes,
mit leuchtender Flamme brennendes Wassergas machen will.
Im Anfange der Zersetzungsperiode enthält das erzeugte Gas fast nur
Wasserstoff und Kohlenoxyd zu etwa gleichen Theilen und etwas Kohlendioxyd.
Im weiteren Verlaufe steigt der Gehalt an Kohlendioxyd und man würde schliess-
lich bei fortgesetztem Einblasen von Wasserdampf ein aus 4 Kohlendioxyd und
$ Wasserstoff bestehendes Gas erhalten. Man unterbricht jedoch den Process
früher, um nicht soviel Kohlendioxyd zu erhalten und beginnt wieder mit dem
Warmblasen. Je nach der Beschaffenheit des Brennstoffes und der Construktion
und Grösse der Apparate werden 0'8—1:5 Kgrm. Brennmaterial für 1 Cbm. Wasser-
gas gebraucht (14).
Soll das Wassergas zu Beleuchtungszwecken verwandt werden, so muss man es
durch Kalkhydrat von Kohlendioxyd und Schwefelwasserstoff befreien. Dasselbe
liefert beim Verbrennen eine Flamme von ungefähr 6mal geringerer Oberfläche
wie ein gleiches Volumen Steinkohlengas. Obwohl nun letzteres einen grösseren
absoluten Wärmeeffect giebt wie ersteres, so hat doch die Flamme des Wasser-
gases in Folge des durch die geringere Oberfläche verringerten Ausstrahlungs-
vermögens eine höhere Temperatur wie die des Leuchtgases. Das Wassergas
eignet sich daher besonders zur Ausführung metallurgischer Schmelzprocesse.
Um mit der Wassergasflamme Licht zu erzeugen, erhitzt man durch dieselbe
feste Körper zum Glühen. GiLLARD gebrauchte zu dem Zwecke Cylinder aus
einem Netzwerk von feinem Platindraht; Auer (15) verfertigt dieses Netzwerk
aus den Erden von Cer, Lanthan, Didym und Magnesia; FAHNEJELM (16) erhitzt
einen Kamm aus Magnesiastábchen, welcher mit einem Fischschwanzbrenner ver-
bunden ist. Alle diese Incandescenzbrenner nutzen sich beim Gebrauche rasch
ab, zerfallen (AuER-Brenner) und lassen in der Leuchtkraft rasch nach. Der
FAHNEJELM-Brenner, bei welchem der billige, 15 Pf. kostende Brenner leicht er-
neuert werden kann, giebt bei 150 Liter Gasverbrauch im Anfange ein Licht