606 Handwörterbuch der Chemie.
weiter, wenn wir dimorphe Körper lösen, welcher Modifikation entspricht der
gelöste Körper.
Keinen Aufschluss kann uns meist die Form geben, in der sich der Körper im
Moment des Krystallisirens ausscheidet, denn es ist sehr wohl möglich, ja wahr-
scheinlich, dass die Moleküle des festen Körpers sich erst in dem Momente bilden,
in dem sie sich ausscheiden.
1. Als Hilfsmittel zur Lösung der hier vorliegenden Fragen können uns
dienen die Löslichkeitsverhältnisse. Etwaige Abnahmen derselben, die auf
ursprüngliche Zunahmen mit der Temperatur folgen, machen das Entstehen
eines niederen Hydrates in der Lösung wahrscheinlich. Das wasserärmere Hydrat
ist weniger löslich als das wasserreichere. So ist es bei Natriumsulfat, Calcium-
sulfat, Natriumcarbonat und vielen anderen Körpern.
2. Fin anderes Hülfsmittel bietet die Farbe. Oft sind die wasserhaltigen
Salze in verschiedenen Stufen der Hydratation verschieden gefürbt, und ent-
sprechende Farbenwechsel zeigen die Lósungen.
So ist Kupferchlorid in concentrirter Lósung grün, in verdünnter blau. Die
blaue Farbe geht offenbar in Folge von Wasserverlust beim Erwáürmen in die
grüne über. Dasselbe tritt bei Zusatz von Wasser entziehenden Mitteln, wie
Alkohol, Salzsäure, ein.
Die wasserhaltigen Kobaltsalze sind roth, die wasserfreien dagegen blau ge-
färbt. Lösungen bei niederen Temperaturen sind roth, solche bei hohen blau
gefärbt, man kann hier wohl annehmen, dass auch in den Lösungen diejenigen
Salze vorhanden sind, die die betreffenden Farben besitzen. Ein Zusatz von
Natriumchlorid lässt das Blau früher erscheinen, indem es offenbar den Kobalt-
salzen einen Theil des Wassers entzieht.
3. Man kann ferner alle diejenigen Eigenschaften verwenden, bei denen
Eigenschaften des Lósungsmittels proportional dem Gehalt an gelóster Substanz
verändert werden, indem, wenn das Salz in der Lósung wasserfrei vorhanden ist,
der Procentgehalt an demselben ein ganz anderer ist, als wenn es im wasserhaltigen
Zustand existirt; dahin gehóren Gefrierpunktserniedrigung, Spannkraftserniedrigung,
Dichtemaximumerniedrigung. Wir haben schon früher eine Reihe von ein-
schlagenden Fragen besprochen. Es ist klar, dass nicht alle diese drei Er-
scheinungen auf Hydrate mit gleichem Wassergehalt führen müssen, da die
Gefrierpunkte und Dichtemaxima bei niedrigen, die Spannkráfte aber meist bei
relativ hohen Temperaturen bestimmt werden.
4. Die Lósungswürme lässt sich ebenfalls verwenden. Findet die grösste
Wärmebindung beim Lösen desjenigen Hydrates statt, das unter normalen Ver-
hältnissen auskrystallisiren würde, so ist es selbst oder ein noch mehr Wasser
enthaltendes als in der Lósung befindlich anzunehmen. Bei dem in der Lösung
enthaltenen Hydrat wird eben beim Lósen gar keine Wárme frei durch die Ver-
bindung zwischen Wasser und Anhydrid.
Lóst man z. B. Kupfersulfat, Natriumsulfat, Chlorcalcium und viele andere
Salze in wasserfreiem Zustand, so findet eine sehr starke Wáàrmeentwickelung
statt, löst man sie dagegen im wasserhaltigen, so tritt an deren Stelle eine Wárme-
absorption. Im ersteren Fall tritt ausser dér Lósungswárme noch die Verbindungs-
wärme zur Bildung eines Hydrates auf. Man muss also hier jedenfalls ein Hydrat
in der Lósung annehmen.
5. Man hat ferner vielfach angenommen, dass, wenn irgend eine Eigenschaft
bei steigender Concentration einen besonderen Punkt zeigt, dass dann diesem
M
x
— ce