Full text: Handwörterbuch der Chemie (2. Abtheilung, 3. Theil, 8. Band)

   
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Nitroverbindungen. 273 
Reductionsprocess mittelst einer alkoholischen Kali- oder Natronlósung erfolgt 
zunáchst die Bildung von Azoxykórpern: 
2C;H,'NO, ESI jie C,H;'N cám N'C,H; 4- 3H,0. 
In der Regel genügt Kochen mit der alkoholischen Alkalilösung am Rück- 
flusskühler. Statt Aethylalkohol können auch andere Alkohole in Anwendung 
kommen; bei dem Process findet wahrscheinlich Oxydation des Alkohols zu 
Aldehyd etc. statt. 
Energischere Reductionsmittel wie Zinkstaub und Natronlauge oder Natrium- 
amalgam in alkoholischer oder wässrig alkoholischer Lösung führen die Nitro- 
körper in die Azo- oder Hydrazoverbindung über (ausgenommen die Nitronaph- 
taline): 
) 2(C;H;NO,) + 4H, = CH, N= N'C,H, + 4H,0, 
2C;H;NO, + 5H, — C,H, NH — N H'C,H, + 4H,0. 
Uebrigens ist daran zu erinnern, dass alkoholisches Kali oft einen Austausch 
der Nitrogruppe gegen Hydroxyl bewirkt, besonders bei o-Dinitroverbindungen 
(s. pag. 269). So giebt o-Dinitrobenzol mit alkoholischem Kali schon bei ge- 
wóhnlicher Temperatur den Aethyláther des o-Nitrophenols, CH, NO,'OC,H, (35). 
Im Nitril der Mononitrosalicylmethyl- wie äthyläthersäure wird durch Kochen 
mit alkoholischem Kali die Nitrogruppe ersetzt durch Aethoxylgruppe (35): 
CHOC HS NO CN + KOCH, = CH,0-C.H, 00,8, CN + ENO, 
Durch saure Reductionsmittel entstehen die Amidokórper, eine Reaction 
von weit allgemeinerer Anwendbarkeit als jene Reduction in alkalischen Mitteln. 
Dieser so wichtig gewordene Reductionsprocess wurde zuerst ausgeführt im Jahre 
1842 durch Zinin (36), der das Nitrobenzol mittelst Schwefelammonium überführte 
in Anilin: 
C,H;NO, + 3H,S = C,H, NH, + 3S + 2H,0. 
Freier Schwefelwasserstoff wirkt nicht reducirend oder nur in Gegenwart von 
Kupferpulver (37), dagegen beginnt der Reductionsprocess sofort auf Zusatz von 
Ammoniak. : 
Diese Reduction von Nitrokórpern mittelst Schwefelammonium wird meist in 
der Art ausgeführt, dass man eine alkoholische Lósung des Kórpers mit concen- 
triitem Ammoniak versetzt und unter Erwüármen Schwefelwasserstoff einleitet bis 
die Schwefelabscheidung zu Ende ist. Auf diese Weise gelingt es in Polynitro- 
verbindungen die Nitrogruppen schrittweise eine nach der andern in die Amido- 
gruppe überzuführen. Diese Wirkungsweise des Schwefelwasserstoffs ist indess 
keine ausnahmslose. Beim o-Dinitrobenzol, sowie bei den Halogennitrobenzolen 
der o-Reihe entstehen nicht die betreffenden Amidoverbindungen, sondern die 
Nitrogruppe resp. das Halogen wird durch Schwefel oder SH ersetzt (38). 
Im technischen Grossbetrieb werden als Reductionsmittel angewandt zumeist 
Zink (Zinkstaub) oder Eisen und Salzsäure, auch Schwefelsäure, früher vielfach 
Essigsäure (39). Für den Laboratoriumsgebrauch dagegen ist jedenfalls Zinn und 
concentrirte Salzsäure oder eine salzsaure Lösung von Zinnchlorür das beste 
Reductionsmittel: 
C,H; NO, + 3Sn + 7HC] = CH, NH, HCI + 3SnCl, + 2H,0, 
C,H;' NO, + 3SnCl, + 7HC] = C,H,-NH,-HCI + 38nCl, + 2H,0. 
Die Methode hat den Vortheil, dass man das Zinn leicht durch Schwefel- 
wasserstoff entfernen kann und nur die reine Amidoverbindung als Chlorhydrat 
in Lôsung hinterbleibt. Manchmal scheiden sich auch schwer lósliche, meist 
LaApENBURG, Chemie. VIII. 18 
     
   
    
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
    
   
   
    
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
   
   
  
   
  
  
  
   
   
   
   
  
  
  
   
  
   
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
 
	        
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