Full text: Handwörterbuch der Chemie (2. Abtheilung, 3. Theil, 10. Band)

428 Handwörterbuch der Chemie. 
erkennbar, wenn man sie mit 1 proc. Lósung von Chlornatrium aufweicht. Hierauf 
beruht die forensisch wichtige Erkennung von auf Wäsche eingetrockneten 
Spermaflecken. 
An heissen Alkohol geben die Spermatozoén (des Rindes) ein stark phosphor- 
haltiges Fett ab. Dasselbe besteht zu mehr als der Hälfte aus Lecithin. Be- 
handelt man die entfetteten Spermatozoén mit künstlichem Magensaft, so lóst sich 
der Schwanz der Spermatozoén auf, wührend der Kopf hartnäckig widersteht. 
Der Verdauungsrückstand löst sich in verdünnter Natronlauge, auf Zusatz von 
Salzsäure zu dieser Lösung fällt Nuclein mit 1198 Phosphorgehalt und 16:40 
N-Gehalt aus. In der sauren Flüssigkeit findet sich ein Eiweisskôrper gelöst. 
Nach MIESCHER bildet das Nucleïn die Hülle des Kopfes der Spermatozoën, 
Eiweisskórper den Inhalt. Ausserdem fand MIESCHER im Sperma des Rindes noch 
einen 4} Schwefel enthaltenden Körper, über den nichts Näheres festgestellt ist, 
Besondere Verháltnisse zeigt das von MIESCHER in ausführlicher Weise unter- 
suchte Lachssperma. Die überwiegende Hauptmasse der mit heissem Alkohol 
erschópften Spermatozoén desselben ist nach MrEscHER eine unlósliche salzartige 
Verbindung einer specifischen Base, des Protamin's, mit einem phosphorreichen 
Nucleinkórper, welcher dabei die Rolle der Sáure spielt. Doch sind auch noch 
andere der Eiweissgruppe angehórende Substanzen vorhanden. 
l. Zur Darstellung des Protamins extrahirt man die entfetteten Spermatozoén 
mit verdünnter Salzsäure (1—2% HCI) und versetzt nach Abstumpfung des Säure- 
überschusses mit Platinchlorid. Nach mehrwöchentlichem Stehen wird der schön 
gelbe, anfangs harzige Niederschlag körnig krystallinisch. Durch Zersetzen des- 
selben, in Wasser suspendirt, mit H,S erhält man das salzsaure Protamin, welches 
durch mehrmalige Fällung mit Platinchlorid gereinigt wird. Nach PICCARD (14) 
ist es zweckmässig, mehrmals je 6 Stunden mit 1 proc. Salzsäure in der Kälte 
stehen zu lassen und nur die beiden ersten Auszüge, welche frei von Xanthin- 
körpern sind, zu verwenden; die späteren sind wegen ihres Xanthinkörpergehaltes 
für die Darstellung von Protamin nicht geeignet. Statt dessen kann man auch 
die entfetteten Spermatozoén mit sehr verdünnter Salpetersáure extrahiren und 
den Auszug mit Quecksilbernitrat (wohl Mercurinitrat, Vf.) fállen. Weder das 
salzsaure noch das salpetersaure Salz sind nach PIcCCARD krystallisirbar, die gegen- 
theiligen Angaben von MiEscHER beruhen nach Piccagp auf der Verunreinigung 
des MIESCHER’schen Protamins mit Xanthinkôrpern. — MIESCHER fand für sein 
Protamin die Formel C,H,, N,O,, PICCARD’s Analysen führten dagegen zu der 
Formel C,,H;,N4,0,. 
2. Das Nuclein erhielt MrescHER aus dem bei der Extraction mit Salzsäure 
gebliebenen Rückstand. Derselbe wird in 0:5 proc. Salzsäure aufgeschwemmtt, 
dann Natronlauge in mässigem Ueberschuss hinzugefügt, und das Filtrat durch 
Zusatz einer eben ausreichenden Quantität Salzsäure und des halben Volumen 
Alkohol gefällt. Die so gewonnene Substanz ist durchaus frei von Eiweiss und 
färbt sich nicht beim Erwármen mit MiLLON'schem Reagens, dagegen enthält der 
in kalter Natronlauge unlösliche Antheil, der als gallertige Masse auf dem Filter 
bleibt, beträchtliche Mengen von Eiweisskörpern neben ungelöst gebliebenen 
Nuclein. Nach der mikroskopischen Untersuchung nimmt MIESCHER an, dass die 
Eiweisskórper dem Inhalt der Spermatozoénkópfe angehóren, wührend die Hülle 
ausser Lecithin etc. nur aus einer Verbindunge von Nucleïn mit Protamin bestehe. 
Dem Nuclein der Spermatozoén giebt MIrscHER die Formel C, ;H,,N,P,0,,. 
Vergl. hierüber den Artikel Nuclein in Bd. VIII dieses Handwórterbuches, pag. 275. 
     
    
  
  
  
     
  
  
  
  
   
     
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
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