430 Handwörterbuch der Chemie
dienen sollte. Als aber am Ende des 17. Jahrhunderts von STAHL (in »Zymo-
technia fundamentalis«, Halle 1697) und BECHER wirklich eine umfassende chemische
Theorie aufgestellt wurde, welche in scharfsinniger Weise viele chemische That-
sachen und namentlich die Verbrennungserscheinungen erklärte, da erwies sich
diese als das grösste Hinderniss zur Entdeckung und Erforschung des Sauerstoffs,
weil sie gerade die Verbrennung in einer Weise erklärte, welcher die Annahme
der Verbindung des brennenden Körpers mit einem Gase, also die Theilnahme
des Sauerstoffs an diesem Vorgang, schnurstracks entgegengesetzt war. Die Phlo-
gistontheorie gab über alle hierher gehörigen Erscheinungen so gut Rechenschaft
und hatte den Geist der Chemiker so gefesselt, dass vereinzelte Beobachtungen
über die Isolirung und Natur des Sauerstoffs unbeachtet blieben, bis LAVOISIER
das Gebäude der Phlogistontheorie zerstörte.
Die erste von den àálteren Beobachtungen über Sauerstoff rührt von Ecx
VON SULZBACH her. Er fand im Jahre 1489, dass die Metalle bei der Calcination
an Gewicht zunehmen, indem er mit Quecksilber und mit amalgamirtem Silber
operirte. Diese Gewichtsvermehrung rührt daher, sagte er, dass ein Spiritus
(d. i. ein Gas) sich mit dem Kórper des Metalls vereinigt. Dies wird dadurch
bewiesen, fáhrt er fort, dass der künstliche Zinnober (d. i. rothes Quecksilber-
oxyd), wenn man denselben der Destillation unterwirft, einen Spiritus entwickelt
(Clavis philosophorum im Theatrum Chymicum IV, pag. 1141). Dieser Spiritus ist
nichts anderes als Sauerstoff gewesen, aber die Beobachtung wurde nicht weiter
verfolgt, und die Entdeckung fand keine Beachtung.
Später, um 1630, lenkte JEAN Rzv, ein Arzt im Périgord, von neuem die
Aufmerksamkeit auf die Gewichtszunahme der Metalle bei der Calcination. Er
erklärte dieselbe durch Vereinigung oder Vermischung der Metalle mit der Luft,
von der er, noch vor TORRICELLI und Pascar, bewies, dass sie Gewicht besitze.
»Lair se méle avecque la chaux — à ce aidant l’agitation fréquente — et s'attache à
ses plus menues partus, non autrement que l’eau appesantit le sable, que vous jettez
dans icelle pour lamoiir et adhérer au moindre de ses grains (in: Essays sur la
recherche de la cause pour laquelle l'estain et le plomb augmentent de poids quand
on les calcine; Paris 1630). Da aber Autoritäten, wie R. BoyLE, die Gewichts-
vermehrung der geglühten Metalle durch Aufnahme von Russtheilchen aus der
DINGL. pol. Journ. 196, pag. 230; POURGEL, Mémoires de la Soc. des Ingen. civ., Paris 1873.
20) KASSNER, Chem. Ind. 1890, pag. 104, 120; Techn. chem. Jahrb. 13, pag. 96. 21) MALLET,
DrNGL. pol. Journ. 199, pag. 113. 22) Techn. chem. Jahrb. 1883, pag. 418. 23) GRAHAM,
Roy. Soc. Proceed. 15, pag. 223; Compt. rend. 63, pag. 471. 24) Marais, Engl. Pat. 18981/1881;
BrEDERM. Techn. chem. Jahrb. 1883, pag. 417. 25) MONTAGNON und DE LAIRE, Bull. soc.
chim. (1869) 11, pag. 261. 26) REGNaULT, Compt. rend. 20, pag. 975. 27) JorLy, WIEDEM.
Ann. Phys. Chem. (1878) 6, pag. 528. 28) BUNSEN, Ann. 93, pag. 24. 29) CARIUS, Ann. 94,
pag. 120. 30) CAILLETET, Compt. rend. 85, pag. 1213. 31) R. PicTET, Compt. rend. 86, pag. 37.
32) CAILLETET, Ann. chim. phys. (5) 15, pag. 132 (1878). 33) PICTET, Ann. chim. phys. (5) 13, pag. 145
(1878). 34) OFFRET, Ann. chim. phys. (5) 19, pag. 271. 35) S. v. WROBLEWSKY, Compt. rend. 97%,
pag. 166; 102, pag. 1010. 36) CAILLETET und HAUTEFEUILLE, Compt. rend. 92, pag. 9or, 1086
37) OLszewskl, Monatsh. Chem. 5, pag. 124. 38) OLSZEWSKI, WIEDEM. Ann. Phys. Chem. 31,
pag. 58. 39) ANDREWS, Ann. 123, pag. 270; 124, pag. 360. 40) NATTERER, Wien. Akad.
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analyse, Berlin 1883, pag. 308. — H. W. VoGEL, Prakt. Spectralanalyse irdischer Stoffe,
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