Full text: Handwörterbuch der Chemie (2. Abtheilung, 3. Theil, 10. Band)

490 Handwörterbuch der Chemie. 
hohen Temperatur auf gelben Schwefel; die Bildung wird begünstigt durch Körper, 
welche Flächenanziehung ausüben können, wie Kohle, Platin, Schwefeleisen u. A. 
Man erhält ihn durch messerspitzenweises Eintragen einer Mischung von 50 Grm. 
Schwefelblumen mit 0:2—0:4 Grm. Mandelól in einen glühenden Tiegel, sowie 
durch Schmelzen einer Mischung aus gleichen Theilen Schwefel und Soda über 
ruhigen Fluss hinaus. Eine gesättigte Lösung dieser Schmelze erscheint im auf- 
fallenden Lichte dunkelgrün und lässt beim Verdünnen einen schwarzen, flockigen 
Niederschlag fallen, der durch lángeres Auswaschen in graugelben, gewóhnlichen 
Schwefel übergeht. Schwarz erhält man ihn, wenn man das Auswaschen unter- 
bricht, sobald die Waschwüásser hellgelb gefárbt sind, darauf den Niederschlag 
mit Cyankalium behandelt und dann vóllig auswüscht. 
Er stellt ein zartes, schwarzes, unter dem Mikroskope stellenweise metallisch 
glänzendes, amorphes, unschmelzbares Pulver dar, das unlóslich in Schwefel- 
kohlenstoff, Alkohol, Aether, heissen, fetten Oelen, kalten Aetzalkalien, Schwefel- 
säure, Salpetersäure und Kônigswasser ist; schmelzendes Kali oder Salpeter nehmen 
ihn auf. In unmessbar dünnen Schichten ist er mit reicher blauer Farbe durch- 
scheinend; schmelzendes Cyankalium, Borax oder Chlornatrium nehmen ihn mit 
blauer Farbe auf. Wird der schwarze Niederschlag aus Natriumschwefelleber, 
nach Behandlung mit Cyankalium, mit Kieselgallerte oder Thonerdehydrat zu- 
samme „gerieben, so erhält man durch feinste Vertheilung ebenfalls ein blaues 
Produkt; dadurch soll die Darstellung von Ultramarinblau auf nassem Wege ihre 
Erklärung finden (101). 
II. In Wasser lôslicher Schwetel. 
8-Schwefel ist in colloidaler Form in WACKENRODER’s Flüssigkeit (s. u. bei 
Pentathionsáure) enthalten und scheidet sich beim Verdunsten des klaren Filtrats 
als gelbe, záhe, halbflissige, in Wasser zum Theil lósliche Masse aus (102). 
Man erhält ihn ferner als vollkommen wasserlóslichen, flockigen Niederschlag, 
wenn man die Lósung der Thioschwefelsáure in Salzsáure (s. o.) sich selbst über- 
lässt; die wässrige Lösung ist gelb, zersetzt sich jedoch rasch unter Abscheidung 
von »weichem« Schwefel (103). — 
Der Schwefel hat eine bedeutende Verwandtschaft zu vielen Elementen. Er 
verbindet sich unter starker Wärmeentwicklung, die sich bis zum Erglühen steigern 
kann, bei gewöhnlicher Temperatur mit Chlor, Brom, Jod, beim Erwärmen mit 
Phosphor, Arsen und den meisten Metallen (110); mit Selen, Bor, Silicium; in 
starker Glühhitze mit Kohlenstoff zu Disulfid; in feinster Vertheilung mit Sauer- 
stoff schon bei gewóhnlicher Temperatur (ro4) weshalb Gewebe, Papier etc., 
welche vom Bleichen her oder in Folge der Anwendung von »Antichlor« eine 
kleine Menge von sehr fein vertheiltem Schwefel enthalten, mit der Zeit brüchig 
werden. Andererseits vermag so fein aut Geweben vertheilter Schwefel als Beize 
zu dienen und manche Farbstoffe zu fixiren (109) (LauTH). Mit feuchtem Sauer- 
stoff verbindet er sich unter dem Einfluss des elektrischen Stromes zu Schwefel. 
sáure (104, 105, 106). 
Bei 200? phosphorescirt der Schwefel an Luft oder Sauerstoff (167). 
Er verbrennt (s. o.) zu Schwefeldioxyd; bei einem Druck von 40—50 Atm. 
jedoch wird die Hälfte des Schwefels zu Schwefeltrioxyd verbrannt (108). 
Wird Schwefel mit Wasser angerührt stehen gelassen, so wird er durch den 
Luftsauerstoff (111) zu Schwefelsáure oxydirt; ebenso wirkt Ozon; trocknes Ozon 
erzeugt mit trocknem Schwefel Sch wefeldioxyd (112). 
      
   
   
     
   
  
  
  
  
  
    
    
    
   
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
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