Full text: Handwörterbuch der Chemie (2. Abtheilung, 3. Theil, 10. Band)

      
  
  
  
  
  
   
   
    
  
  
    
    
   
   
   
  
  
   
  
  
   
   
    
    
  
   
  
     
  
   
   
  
  
  
    
   
   
   
   
  
     
   
   
    
    
   
    
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Selen. 605 
Salpetersáure, Eindampfen der Lósung zur Trockne und Aufnehmen mit Wasser. 
Es bilden sich hierbei auch kleine Mengen von Selensáure, die durch Baryt- 
wasser zu entfernen sind (s. unter Selendioxyd). Die Bildung von Selensäure 
wird vermieden, wenn das Selen statt mit Salpetersäure durch Erhitzen mit einem 
grossen Ueberschuss von concentrirter Schwefelsäure oxydirt wird (215). 
Die selenige Säure ist aus ihrem Anhydrid, dem Selendioxyd, entstanden zu 
denken durch Substitution eines Sauerstoffatoms durch zwei Hydroxylgruppen 
und hiernach als eine Metasäure autzufassen : 
Se 0, 0 On Se(OH), 
Anhydrid, m-Säure, o-Säure. 
Die Orthoselenige Sáure, Se(OH),, ist bis jetzt nicht bekannt. 
Die selenige Sáure ist eine wahre Dihydroxylsáure, hat also die Konstitu- 
tion Se Qr OH und nicht etwa Se E . Wie MICHAELIS und LANDMANN ge- 
zeigt haben (136), existirt keine dem äthylsulfonsauren Kalium entsprechende 
Selenverbindung und es ist nur ein Selenigsäureäthylester, SeO(OC,H;)», 
bekannt, den man sowohl aus Selenylchlorid und Natriumäthylat, als aus Silber- 
selenit und Jodäthyl erhält. Er stellt eine dickliche Flüssigkeit dar, die bei 183 
bis 185? unter theilweiser Zersetzung siedet und bei 16:5? ein spec. Gew. von 
1:49 hat; in absolutem Alkohol ist der Ester unverdndert löslich, Wasser zersetzt 
ihn in selenige Säure und Alkohol. 
Auch das dem  Aethoxythionylchlorür entsprechende Aethoxyselenyl- 
chlorid, Se GT p wurde durch Erhitzen von Selenylchlorid mit absolutem 
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Alkohol erhalten. Es siedet bei 175? nicht ganz ohne Zersetzung; bei gewóhn- 
licher Temperatur ist es eine dicke Flüssigkeit, die bei starker Abkühlung zu 
farblosen, bei 10? schmelzenden Nadeln erstarrt (136). 
Die selenige Sáure ist eine zweibasische Sáure. Beim Titriren mit starken 
Basen verhält sie sich gegen Kochenille und Helianthin (Methylorange) als In- 
dicatoren einbasisch, gegen Phenolphtalein aber zweibasisch. 1 Cbcm. 4ly n-Baryt- 
wasser entspricht somit, wenn Helianthin alsIndicator angewendet wird, 0:00645 Grm. 
H,SeO,, mit Phenolphtalein aber 0:0129 Grm. (137). 
Selenite, Salze der selenigen Sáure. Die selenige Sáure vermag zu- 
nächst zwei Reihen von Salzen zu bilden, je nachdem beide basische Wasser- 
stoffatome oder nur eines derselben durch Metall ersetzt werden: 
Me Me 
Me 203 H 9€05 
normale, saure Selenite. 
Ausserdem existiren aber sowohl basische, als auch übersaure Salze, welch' 
letztere als molekulare Verbindungen von sauren Salzen mit Sáure, (MeH SeO,- 
H,SeO,) oder auch als Salze einer besonderen, freilich hypothetischen Säure 
Se, 0,(OH),, der Diselenigen Sáure, betrachtet werden kónnen und darum 
auch als Diselenite bezeichnet werden. Die lôslichen Selenite erhält man am 
einfachsten durch Sättigen der betr. Hydroxyde oder Karbonate mit seleniger 
säure, die unlôslichen durch Umsetzung von Alkaliseleniten mit den betr. Metall- 
salzen. Von normalen Seleniten sind nur diejenigen der Alkalien in Wasser 
leicht löslich, die übrigen schwer löslich oder unlöslich; die sauren Salze lösen 
sich sämmtlich in Wasser. Die unlöslichen Selenite lassen sich durch Erhitzen 
mit Wasser oder auch mit Lósungen von seleniger Sáure im zugeschmolzenen 
Rohre auf 150—270? meist im krystallisirten Zustande erhalten (138).
	        
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