Full text: Handwörterbuch der Chemie (2. Abtheilung, 3. Theil, 13. Band)

   
  
  
  
  
Handwörterbuch der Chemie. 
Wenn das weisse Hydroxydul im Vacuum über Schwefelsäure bei 14° 
getrocknet wird, so verwandelt es sich in ein nicht krystallisirtes, gelbbraunes 
Pulver, welches 22:949 Wasser enthált, entsprechend der Formel 9n (O H), 
+ H,0. Wenn es, in dünner Schicht auf einer Porcellanschale ausgebreitet, 
auf etwa 110° erhitzt wird, so verwandelt es sich in kleine, braune Schuppen, 
die sich leicht zu einem rótblich gelben Pulver zertheilen lassen. Dies ist ein 
Hydrat mit 8:879 Wasser, entsprechend der Formel 3SnO-2H,0. 
Die Bildungswärme des Hydroxyduls Sn + O + H,O beträgt 69:8 Cal. 
Das Zinnhydroxydul löst sich leicht in Säuren unter Salzbildung. Wenn 
aber die relative Menge Säure sehr gering ist, so treten andere Erscheinungen 
auf. Wenn man zu in Wasser suspendirtem Zinnhydroxydul einen Tropfen Salz- 
säure bringt, so sieht man dasselbe da, wo die Säure hingelangt, sich lösen, 
während das übrige Oxyd röthlich, dann grünlich und schwarz wird. Nach 
kurzem Aufkochen ist alles in schwarzes krystallisirtes Zinnoxydul verwandelt. 
Die Salzsäure bildet zunächst eine gewisse Menge Zinnchlorür, indem nur so 
viel Salzsäure frei bleibt, als der Dissociation des Zinnchlorürs durch Wasser 
bei den Versuchsbedingungen entspricht. Das entstandene Zinnchlorür vereinigt 
Sich mit überschüssigem Zinnoxydul zu Zinnoxychlorür, welches seinerseits durch 
Wasser zersetzt wird, wobei krystallisirtes Oxydul entsteht. Im Maasse als es 
zersetzt wird, bildet es sich auf Kosten des Zinnhydroxyduls zurück, bis letzteres 
vollig zu krystallisirtem Oxydul geworden ist. 
Bei etwas grósserer Menge Siure bleibt die Umwandlung unvollstindig. Es 
bleibt eine weisse Wolke in Suspension, weil die Menge Säure genügt, um das 
Oxychlorür beständig zu machen. Auf Zusatz von Wasser und beim Kochen 
verschwindet der weisse Niederschlag, indem sich grünliche Krystalle des wasser- 
freien Oxyduls bilden. 
Ebenso wirken Brom- und Jodwasserstoffsäure, sowie Essigsäure. Schwefel- 
säure, Salpetersäure etc, bewirken dagegen niemals diese Umwandlung, da sie 
mit dem Oxydul Salze bilden, welche nicht durch Wasser zersetzt werden, oder 
welche durch Wasser in freie Säure und ein durch Wasser nicht weiter zersetzbares 
basisches Salz gespalten werden. [DrrTE (60)]. 
Aehnlich wirken die Alkalien auf das Zinnhydroxydul ein. Wenn man letzteres 
im Ueberschuss mit einer sehr verdünnten Kalilauge bei gewöhnlicher Temperatur 
zusammenbringt, so setzt sich das Hydrat zunächst zu Boden. Nach einigen 
Tagen bilden sich in der Masse schwarze Punkte von wasserfreiem Oxydul, von 
welchen aus allmählich das gesammte Hydrat in krystallisirtes Oxydul übergeht. 
Wird eine concentrirtere Kalilauge mit dem Oxydulhydrat geschüttelt, so 
lóst sich das letztere im Maasse der Concentration der Alkahlósung. Bei genügender 
Concentration scheiden sich aus der Lósung allmählich Krystalle des wasserfreien 
Oxyduls aus. Wenn die Kalilauge 400 Grm. Kalihydrat auf 1000 Grm. Wasser 
enthält, so sind dem Niederschlag von krystallisirtem Oxydul kleine graue Massen 
von metallischem Zinn und einige Blüttchen von Kaliumstannat beigemengt. 
Das Verbáltniss des Zinns wüchst mit dem des Kali. Wenn eine Kalilauge mit 
1 Thl. Kalihydrat auf 2 Thle. Wasser mit Zinnhydroxydul gesättigt und filtrirt 
wird, so scheidet sich alsbald ein Niederschlag von tiefvioletten Blättern von 
wasserfreiem Oxydul aus. Nach mehrstündiger Ruhe entwickeln sich in demselben 
schöne, glänzend weisse Krystallblätter von metallischem Zinn. Schliesslich ist 
alles Oxydul verschwunden, und man hat nur Zinn im Gemisch mit schón krystalli- 
sirtem Kaliamstannat. 
  
    
    
   
  
  
  
  
  
  
  
  
     
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
    
  
  
  
  
  
  
   
  
  
   
   
  
  
   
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