654 Handwörterbuch der Chemie.
man zuweilen nur eins gewinnen kann, und je nach der Temperatur schwanken
die zu erhaltenden Mengen bedeutend.
Lässt man nun auf die so erhaltenen an Kohlenstoff reicheren Zuckerarten
wieder Blausáure wirken, so führt man wieder Kohlenstoff ein, und die so er.
haltene Sáure liefert den um noch ein Kohlenstoffatom reicheren Zucker (oder
es liefern vielmehr die beiden entstandenen Säuren 2 Isomere) Durch Wieder-
holung der obigen Operationen gelangt man dann zu Zuckerarten, welche 3 Atome
Kohlenstoff mehr als das Ausgangsmaterial enthalten.
E. FrscHER hat diese Operationen ausser an der Arabinose und Xyl'ose
an der Mannose, der Galactose, der d-Glucose, der Rhamnose, der
Fructose und ganz neuerdings der Galactose ausgeführt und auf diese Weise
z. B. aus der Glucose, C,H,,0,, die Glucose-Carbonsáure oder Hepton-
sáure, C;H,,O,, und aus dieser die Heptose, C,H,,0,, erhalten.
Ferner aus der Heptose die Octonsáure, C,H,,0,, und Octose, CH ss.
Endlich die Nononsáure, C,H,,0,,, und Nonose, C,H,,0,.
Nach der Herkunft aus Glucose, Mannose etc. werden die so erhaltenen
Substanzen mit den Vorsilben Gluco-, Manno-, Gala-, Rhamno- etc. ver-
sehen, z. B. Gluco-Octonsáure, Manno-Heptose, Rhamno-Hepton-
sáure (s. über diese Benennung bei Rhamnose), Gala-Heptose etc, und man
sieht, welche Mannigfaltigkeit diese Art der Synthese bietet.
Synthese complicirterer Gruppen durch Combination von Glycosen mit einander.
Andere Arten der Synthese betreffen das Combiniren verschiedener oder
auch derselben schon vorgebildeten Kohlenhydratgruppen mit einander, so dass
Complexe hóheren Grades entstehen. In dieser Hinsicht ist neuerdings die
Synthese der Isomaltose von E. FrscHER (77) zu verzeichnen, welche aus
Dextrose mit concentrirter Salzsáure entsteht und durch Behandeln mit H efe,
wobei noch vorhandene Dextrose weggührt, sowie mittelst des Osazons, welches
heiss lóslicher als kalt ist, gereinigt wird. [s. ferner die Bildung von Wonr's
Lävulosin (78)].
Solches Combiniren verschiedener C,-Gruppen (oder auch anderer) zu
hóheren Complexen mag mehrfach vorkommen und z. Thl. die Ursache sein,
dass unvorsichtig oder lange mit Sáuren behandelte Zuckerarten zuweilen schlecht
krystalisiren oder auch ihre Polarisation ándern, indem diese entstandenen Bei-
mengungen ihren Einfluss áussern. Wonr (78) bezeichnet diese Erscheinung,
welche der Hydrolyse oder Trennung in Einzelgruppen unter Wasseraufnahme
gerade entgegengesetzt ist, mit dem Namen »Reversion« als Gegensatz zu
der Hydrolyse oder »Inversion« des Rohrzuckers, und HERMANN sowie
E. SCHULZE (79) benutzen den Namen »hydrolytische Synthese«. [Ich habe
früher von »synthetischen« oder »componirenden Fermenten« gesprochen (Hand-
wôrterb. VI, pag. 105)].
Eine von BALLO (80) angegebene Synthese, die Entstehung von Isoarabin-
sáure, C,H,$0;, beim Erhitzen von Weinsdure mit Eisenvitriol in wissriger
Lósung ist von SCHEIBLER und MITTELMAYER (81), sowie von CONRAD (82) als un-
begründet erwiesen; es entsteht zwar eine von der Weinsáure verschiedene
Säure, deren Salze, speciell das Calciumsalz, leichter löslich sind als die Tartrate,
die Säure geht aber sehr leicht in Weinsáure wieder über und ist wahrscheinlich
eine durch Zusammenlegen mehrerer Moleküle Weinsäure entstandene Anhydrid-
oder Lactonsäure.
pag
son