696 Die Morphologie der Phanerogamen.
Unterschiede der mono- und sympodialen Inflorescenzen. — Die
relative Hauptachse der monopodialen (botrytischen) Inflorescenzen läuft, wenn
sie normal gebildet ist, nicht in eine Blüthe aus; sie erzeugt in acropetaler Folge
blüthenbildende oder sich selbst wiederum weiter verzweigende Nebenaxen, und
die Zahl der letzteren hängt wesentlich von der Kraft ab, mit der die Hauptachse
ausgerüstet ist; durch ein in der Inflorescenz selbst liegendes Gesetz ist dieselbe
nicht bestimmt. Aus diesem Grunde nennt man sie indeterminirt, und dieser
Ausdruck hat dieselbe Bedeutung wie beim Rhizom, wo er ausdrückte, dass die
Zahl der Jahre, wührend welcher eine Pflanze mit monopodialer Achse perennirt,
morphologisch nicht vorherbestimmt werden könne. Die Nebenachsen oder
deren Zweige entwickeln sich natürlich der acropetalen Reihenfolge gemiüss,
und so blühen die von den untersten getragenen Blumen zuerst auf, während die
oberen successive nachfolgen: da man in Grundrissen der Inflorescenz die Haupt-
achse in die Mitte setzt und die Astblüthen spiralig um sie herum ordnet, so ist
der auf dieses Princip begründete Name »centripetale Inflorescenz« leicht zu ver-
stehen und giebt für die Mehrzahl der monopodialen Achsen einen zutreffenden
Charakter.
Im Gegensatz dazu stellt bei den sympodialen (cymösen) Inflorescenzen
die- Hauptachse sehr früh ihr Wachsthum ein (vergl. Figur 25. I und II) und
überträgt die grössere Energie desselben auf die unter ihrem erlöschenden Scheitel
in Ein- oder Mehrzahl auftretenden Seitenachsen; sehr oft läuft sie selbst in eine
einzelne Blüthe aus, und diese muss als die zuerst gebildete zuerst erblühen.
Die Nebenachsen ahmen die Verzweigungsweise der Hauptachse nach, sofern sie
nicht überhaupt einfach bleiben, und so erhalten wir ein fortgesetztes System von
kräftig beginnenden aber alsbald im Weiterwachsthum erlöschenden Achsen,
deren Wachsthumskraft immer auf Achsen höherer Ordnung übertragen wird.
Da dieselben sich im Grundriss (Diagramm) der Inflorescenz aussen um die
central gedachte Hauptachse gruppiren, und da die Aufblühfolge bei der Blüthe
der Hauptachse (sofern eine solche vorhanden ist und die Hauptachse nicht
blind erlóscht) beginnend successive die der Primár-, Secundár., allgemein der
nten, n + 1ten u. s. w. Aeste trifft, so ist die Bezeichnung »centrifugale
Inflorescenzen« anch hier eine nicht unklar gewählte, wenngleich die Achsen-
verzweigung als das Maassgebende zuerst betont werden soll.
A. Radiüre Inflorescenzen. — Diese zwei Gruppen enthalten nun aber
noch eine Fülle verschiedener Ausbildungen, deren wesentlichste Charaktere in
der Ausbildung (Streckung resp. Verkürzung) der Inflorescenz-Hauptachse, ferner
in der Ausbildung der die Blüthen tragenden Zweige, in der Internodienbildung
derselben, endlich im Fehlen oder Vorhandensein der Hypsophyllen liegen. Auch
sei schon jetzt bemerkt, dass nicht alle Inflorescenzen insofern rein sind, als
sie das monopodiale oder sympodiale Verzweigungssystem streng bis in ihre
letzten Ausgliederungen fortführen; es giebt nicht wenige soiche, welche in den
hóheren Auszweigungen von dem zuerst begonnenen Verzweigungssystem in das
andere überspringen, und dadurch werden neben die Classification störenden
Uebergüngen zahlreiche gemischte Inflorescenzen gebildet, auf welche wir nach
der Aufzählung der wichtigsten reinen (ungemischten) noch einen kurzen Blick
zu werfen haben.
a) Botrytischer Typus. — Betrachten wir dieselben der Reihe nach, und
zwar unter Zugrundelegung der ersten Eintheilung in rein botrytische und rein
cymóse (resp. rein mono- und sympodiale) Inflorescenzen. Der botrytische