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(kuglige) Formen. Diese Forschungen sind ganz besonders interessant in Hinsicht
auf die Entscheidung der Frage nach dem Wesen der Kontraktion der Muskel-
fasern und ihrer Erschlaffung. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daB diesen
beiden Zustánden des Muskels eine bestimmte Gestaltung von in ihm enthaltenen
Eiweifstoffen entspricht.
Ebenso wie bei den Polysacchariden ergibt sich auch hier die Frage, ob man sich
unter einem FiweiBmolekül eine gewaltig lange Kette von Aminosáuren usw. vor-
zustellen hat, oder aber, ob Assoziationen von Polypeptidketten vorhanden sind.
Da bereits bei Aminosäuren und insbesondere bei Di-, Tri- usw. -peptiden groDe
Neigung zu solchen beobachtet ist, so besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit
solcher Zusammenlagerungen!. Es kónnen aber auch solche durch die S-S-Bin-
dung vermittelt sein. Wir haben bereits beim (S-S)-Glutathion eine solche ,,Ver-
zweigung" kennengelernt. Schlielich ist auf Grund mancher Befunde sogar der
Meinung Ausdruck gegeben worden, daB die Proteine z. B. im Blutplasma (wahr-
scheinlich auch in Zellen) in Kombination mit Phosphatiden vorhanden sind.
Vom Standpunkt der chemischen Forschung sind derartige Vorstellungen insofern
nicht willkommen, als sie die Móglichkeit eines tieferen Einblickes in den Bau des
EiweiBes erschweren. Auf der anderen Seite ist die rein chemische Erforschung
der Proteine nicht Endzweck für unser Forschungsgebiet, vielmehr ist unsere
vornehmste Aufgabe, Beziehungen zwischen Funktion und Feinstruktur der in
Frage kommenden Verbindungen aufzudecken. Wir möchten gerne wissen, wie
das in voller Funktion befindliche Eiweiß aussieht! Das, was wir untersuchen, ist
Eiweiß, das aus seiner Umgebung losgelöst ist. Bei seiner Isolierung sind wahr-
scheinlich bereits Veränderungen vor sich gegangen. Man hat von Denaturie-
rungsvorgängen gesprochen. Sie können geringfügig und umkehrbar, aber auch
umfassender Art sein. Erhitzen wir z. B. EiweiD auf über 569, dann beginnen sich
Veránderungen abzuzeichnen, die wir mit bloBem Auge verfolgen kónnen. Wir
bemerken, wie es koaguliert. Es handelt sich dabei nicht nur um Zustandsánde-
rungen physikalischer Art, vielmehr lassen sich auch chemische Änderungen
feststellen. So beobachtet man z. B. Aufspaltung von S-S-Gruppen. Interessant
sind Befunde über Änderungen im Eiweiß durch bestimmte Strahlenarten. So
hat man z. B. bei der Einwirkung von ultraviolettem Licht Abspaltung von
Ammoniak neben noch anderen Veränderungen feststellen können.
Wesentlich ist, sich das Eiweiß nicht als ein starres Gebilde
vorzustellen. Von so grundlegender Bedeutung auch die Struktur- und Kon-
figurationsbilder der einzelnen Verbindungen für das Verständnis möglicher Re-
aktionsabläufe und von Beziehungen zwischen Vertretern verschiedener Nah-
rungsstoffe usw. sind, so dürfen sie nicht dazu verleiten, anzunehmen, daß ihre
Herausarbeitung den Schlußstein physiologisch-chemischer Forschung darstellt.
Uns interessiert an erster Stelle der funktionelle Zustand des einzelnen Stoffes
in der Umgebung, in der er bestimmte Wirkungen entfaltet. Bewahrheitet sich
! Von mancher Seite wird die Ansicht vertreten, daß die Eiweißstoffe z. B. des Blutplasmas
in ihrer Zusammensetzung Schwankungen unterworfen sind, bedingt durch Abgabe, Auf-
nahme oder Austausch von assoziierten Polypeptidketten. So soll z. B. die Art der Nahrung
neben den genannten Proteinen auch solche der Zellen beeinflussen. Es liegt jedoch bislang
kein einziger Beweis für eine solche Annahme vor. Es fehlt noch an Verfahren, um Zelleiweif-
stoffe einheitlicher Natur zu gewinnen, ja selbst über die Anteile an besonderen Proteinen,
die das Plasmaeiweif ausmachen, gehen die Meinungen noch weit auseinander. Dazu kommen
die groBen Schwierigkeiten einer quantitativen Bestimmung der einzelnen Eiweifbausteine.
Bei einem solchen Stand der Forschung ist die Frage nach einer Beeinflussung von Kórper-
eiweifstoffen durch die Art der Nahrung nicht eindeutig beantwortbar.
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