Full text: Lehrbuch der physiologischen Chemie

   
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Versuches. Wir wählen als Versuchstier das Kaninchen. Es sei die Aufgabe ge- 
stellt, z. B. Leberproteine verschiedener Tierarten zu unterscheiden. Nachdem wir 
festgestellt haben, daß weder Blutplasma noch Harn des Versuchstieres Pro- 
teinasen aufweisen, die die genannten Eiweifsubstrate abzubauen vermögen, 
spritzen wir diesem z. B. Lebereiweiü vom Menschen unter die Haut. Oft kann 
man schon nach 24 Stunden nachweisen, daD nunmehr im Plasma und im Harn 
Proteinasen vorhanden sind, die das gespritzte EiweiB abzubauen vermógen, 
nicht aber Lebereiweió vom Hund, vom Kaninchen usw. Die gleichen Erfah- 
rungen hat man mit Gewebeeiweifstoffen anderer Organe gemacht. Wir können 
somit zum Ausdruck bringen, daD jede Zellart Proteine aufweist, die 
Art- und darüber hinaus Zelleigenheiten aufweisen. Gestreift sei, dal 
es mit Hilfe der,,Abwehrproteinasereaktion'' sogar gelungen ist, zu beweisen, 
dab neben der Arteigenheit auch eine solche der Rasse vorhanden 
ist. Schließlich lassen sich mit Erfolg Vererbungsstudien auf Grund der 
Unterscheidbarkeit von EiweiBkôärpern des Blutes und der Gewebe durchführen. 
So konnte gezeigt werden, daB die Nachkommen eines Elternpaares — unter- 
sucht worden sind Kreuzungen bestimmter Art von Schafen und Schweinen — 
in ihrem Phánotypus bald mehr dem Vater, bald mehr der Mutter gleichen, bald 
finden sich bei solchen Eigenschaften beider Eltern vereinigt. Spritzt man einem 
Kaninchen z. B. Plasmaproteine des Vaters ein, und prüft man dann, ob die da- 
durch hervorgerufenen Proteinasen die entsprechenden Proteine der Kinder 
abzubauen vermógen, dann findet man Abbau bei den einen Nachkommen, bei 
anderen dagegen nicht. Nun spritzt man einem anderen Kaninchen mütterliches 
Eiweib ein und prüft in der gleichen Weise das Verhalten der hervorgerufenen 
Abwehrproteinasen gegenüber den Plasmaproteinen der Nachkommen. Es zeigt 
sich, daß durch jene solche von bestimmten Kindern angegriffen werden, während 
Plasmaeiweiß anderer Nachkommen keinen Abbau aufweist. Als Endergebnis 
findet man, daß einzelne Nachkommen auf Grund des Ausfalls der Abwehr- 
proteinasereaktion dem Vater, andere der Mutter und einige beiden Eltern ähnlich 
sein müssen. Der Vergleich mit dem Phänotypus der. in Frage kommenden 
Nachkommen ergab, daß das in der Tat der Fall war. Man kann zum Ausdruck 
bringen, daß vererbte Feinstruktur von Proteinen maßgebend für 
unsere gesamte Körpergestaltung ist. Ohne Zweifel sind die Eiweil3- 
anteile in den Chromosomen für den Organisationsplan der Körper- 
eiweißstoffe des Organismus von entscheidender Bedeutung. 
Diese Hinweise mögen genügen, um darzutun, wie ungeheuer mannigfaltig 
der Feinbau der Proteine sein muß, um den zahlreichen Funktionen, die sie in 
der gesamten Organismenwelt zu erfüllen haben, gerecht zu werden. Neben der 
Besonderheit in den Mengenverhältnissen, in denen die einzelnen Eiweißbausteine 
in den verschiedenartigen Eiweißkörpern enthalten sind, und ihrer mannig- 
faltigen Reihenfolge in den Polypeptidketten muß es noch Feinstrukturen geben, 
für die wir zur Zeit keine Vorstellung besitzen. 
Vorlesune 12, 
Einzelne Nahrungs- und Gewebseiweißstoffe. Proteide. 
Phospho- und Glukoproteide. 
Bevor wir uns dem Problem des Verhaltens der Eiweifstoffe in unserem Organis- 
mus zuwenden, müssen wir uns noch unterrichten, welche Eiweifarten als Nah- 
rungsstoffe und. Bestandteile unserer Kórperflüssigkeiten und Gewebe in Betracht 
kommen. Wir wollen uns dabei absichtlich auf das Allernotwendigste beschränken. 
   
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
  
   
  
   
	        
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