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Produkten auf ihre Wirkung. Wir kónnen zur Zeit, wie schon S. 50 erwähnt, einer
Verbindung zumeist nicht chne weiteres ansehen, welche Wirkung sie hat. Ent-
scheidend ist der biologische Versuch. Wurde Insulin z. B. einem Kaninchen
eingespritzt, dann bemerkte man, dab es nach einiger Zeit unruhig wurde. Bald
zeigten sich schwere Krämpfe. An dieses Stadium schloß sich der Tod an, wenn
nicht eingegriffen wurde. Bei der Untersuchung des Zuckergehalts des Blutes
zeigte sich, daß er nach der Insulinzufuhr fortlaufend fiel. Bei einem Gehalt von
etwa 0,045% traten die geschilderten Krämpfe auf. Man nennt diesen ganzen
Zustand den hypoglukämischen. Führt man rechtzeitig. Traubenzucker zu,
dann erholen sich die Tiere wieder. Auch Zufuhr von Adrenalin kann Hilfe
bringen, jedoch nur dann, wenn die Leber ausreichend Glykogen enthält. Im
ersteren Fall bekämpfen wir den Tiefstand des Blutzuckerspiegels durch Glukose-
zufuhr von außen und im letzteren von der Leber aus!
In diesem Zusammenhang sei kurz gestreift, daß man den gleichen hypo-
glukämischen Zustand mit allen seinen Folgen erhält, wenn man
die Leber exstirpiert. Es fällt der zentrale Glykogenspeicher aus, von dem aus
der Blutzuckergehalt einreguliert werden kann. Wir erkennen an diesem Befunde
besonders eindrucksvoll, welch gewaltige Bedeutung der Leber im Kohlenhydrat-
haushalt: zukommt. Die durch Leberwegnahme hervorgerufene Hypoglukämie
mit ihren Folgen kann durch -parenterale Glukosezufuhr bekämpft werden,
jedoch bleiben leberlose Tiere nur ganz kurze Zeit am Leben.
Kehren wir nun wieder zur Entdeckung des Insulins und seines Einflusses
auf den Blutzuckergehalt zurück!. Sie hat sich als auDerordentlich segensreich
erwiesen. Sie hat der Stoffwechselstórung Diabetes melitus des
Menschen ihre Schrecken genommen. Gestreift sei, daB Kinder, die diese
aufwiesen, vor der Auffindung des Insulins unweigerlich frühzeitigem Ableben
entgegengingen?. Erwachsene konnten durch eine sehr sorgsame Diàt über mehr
oder weniger lange Zeit in einem einigermaßen erträglichen Zustand gehalten
werden, jedoch drohte fortgesetzt eine sehr schwere Stórung, genannt Coma
diabeticum. An seinem Zustandekommen sind jene Azetonkórper beteiligt,
denen wir S. 30 schon begegnet sind. Sie treten bei schweren Fällen von Diabetes
auf, wenn nicht eingegriffen wird. Es sind insbesondere die beiden Säuren 8-Oxy-
buttersäure und Azetessigsäure, die zu schweren Zuständen führen. Sie gleichen in
mancher Hinsicht einer Erstickung. Es sei kurz erwähnt, daß die in den. Geweben
gebildete Kohlensäure zum Abtransport im Blute nach den Lungen eines Trans-
portmittels bedarf®. In gelöstem Zustand kann nur wenig davon im Blutplasma
weitergeleitet werden. Der bei weitem größte Teil der CO, ist an Alkali in Form
von Alkalikarbonat gebunden. Nun treten die genannten Sduren bei ihrem
Auftreten im Blute mit der Kohlensäure in Wettbewerb um das Alkali. Deshalb
kommt es zu Schwierigkeiten in ihrem Abtransport mit allen Folgeerscheinungen.
1 In diesem Zusammenhang sei erwähnt, daß Insulin das Zustandekommen der alimentären
Hyperglukämie verhindern kann. Allem Anschein nach benötigt eine bestimmte Menge
Glukose zur Speicherung eine bestimmte Menge Insulin. Unter gewöhnlichen Verhältnissen
steht bei plötzlicher Überschwemmung des Blutes vom Darm aus mit Traubenzucker nicht
ausreichend Insulin zur Verfügung, um die vorhandene Hyperglukämie zu beseitigen.
2.Es sind an Diabetes melitus leidende Kinder, die seit der Entdeckung des Insulins (1922)
mit diesem gespritzt wurden, jetzt erwachsen! — Man hat auch pankreaslose Tiere, vor allem
Hunde, mittels des genannten Hormons mehrere Jahre am Leben erhalten. Schließlich treten
jedoch Störungen auf unter besonderer Beteiligung der Leber, die fettige Degeneration auf-
weist. Auffallenderweise ließ sich die letztere durch Lezithinzufuhr vermeiden,
3$ Vel. Ph. S. 58ff.
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