Full text: Lehrbuch der physiologischen Chemie

  
  
  
  
  
  
  
  
  
260 
um so leichter kann das auf die Hautoberfliche abgegebene Wasser verdunsten. 
Wir haben damit eine weitere Funktion des Wassers kennengelernt. Auch bei der 
oben erwähnten Perspiratio insensibilis und der Sáttigung der eingeatmeten Luft 
mit Wasserdampf kommt es in gewissem Umfang zur Wármebindung. Das Wasser 
spielt nun nicht nur in der erwähnten Art und Weise eine große Rolle im Wárme- 
haushalt des Organismus, vielmehr macht es seine hohe spezifische 
Wärme besonders geeignet, Wärme innerhalb des Körpers zum 
Transport zu bringen‘. Gleichzeitig vermittelt es infolge seines 
Wärmeleitungsvermögens Ausgleich bei Temperaturgefällen. 
Mit den vorstehenden Betrachtungen haben wir nur einen Teil der Wasser- 
bilanz kennengelernt, nämlich die Ausgabenseite. In Betracht ziehen müssen 
wir noch den Wassergehalt der Fäzes und vor allem des Harnes. Einnahmen für 
Wasser sind aufgenommene Flüssigkeiten und der Wassergehalt der Nahrungs- 
mittel. 
Betrachten wir nunmehr das Verhalten des Wassers im Organismus selbst. 
Es steht in beständigen Wechselbeziehungen zu Stoffwechselvorgängen. Wir 
erfuhren, daß zusammengesetzte organische Verbindungen unter Einlagerung 
von Wasser in Teilstücke zerlegt werden. Umgekehrt wird Wasser frei, wenn 
Synthese erfolgt. Wir haben ferner Wassereinlagerung in ein einzelnes Molekül 
einer Verbindung kennengelernt: z. B. bei der Überführung von Fumarsäure in 
Äpfelsäure (S. 35). Von besonderem Interesse ist die Erkenntnis von Wasser- 
bildung bei dem Zerfall von Wasserstoffsuperoxyd unter dem Einfluß der Katalase 
(S. 248). Endlich müssen wir noch der Entstehung jenes Wassers gedenken, das 
als Stoffwechselendprodukt aller organischen Nahrungsstoffe. neben Kohlensäure 
in Erscheinung tritt. Von diesen liefert Fett die größte Wassermenge: 100 g davon 
ergeben 107 g Wasser, 100 g Stärke dagegen nur 55,5 g und 100 g Eiweiß 41,3 g. 
Als wir uns mit den im kolloiden Zustand im Organismus vorhandenen Ver- 
bindungen und insbesondere mit den Proteinen beschäftigten, erwähnten wir, 
daß kolloide Teilchen Wasser aufnehmen und festhalten können. Wir sprachen 
von Quellungswasser. Der grôBte Teil des in unseren Zellen und den Körper- 
flüssigkeiten vorhandenen Wassers ist als solches zugegen, nur ein kleiner Teil 
stellt sog. freies Wasser dar. In mancher Hinsicht ist die Kennzeichnung der Art | 
des Vorkommens des Wassers im Organismus bedeutungsvoll, in anderer jedoch 
weniger. So kónnen z. B. freies Wasser und Quellungswasser fur wasserlôsliche 
Produkte zusammen einen gemeinsamen Lösungsraum darstellen. Es ist nicht 
etwa so, daß nur das freie Wasser für ihre Aufnahme in Betracht kommt. / 
Der Vorgang der Quellung ist mit Hydratation verknüpft. Diese beruht 
auf dem Umstand, daß das Wassermolekül sich nach außen als Dipol auswirkt, 
trotzdem in ihm an sich die negativen Ladungen des Sauerstoffs mit den positiven 
des Wasserstoffs ausgeglichen sind. Es ist dies dadurch bedingt, daß in ihm der 
Schwerpunkt der positiven Ladungen der Wasserstoffatome nicht mit dem der 
negativen Ladungen des Sauerstoffs zusammenfällt. Treten Wassermoleküle in 
Beziehung zu einem positiv geladenen kolloiden Teilchen, dann nehmen sie 
diesem gegenüber eine ganz bestimmte Anordnung an, und zwar werden sie mit 
dem negativen Pol diesem zu- und mit dem positiven abgewandt sein. Der erstere 
wird angezogen und der letztere allerdings abgeschwächt abgestoßen, so daß die 
Anziehung überwiegt. Stellen wir uns vor, daß z. B. ein Eiweißteilchen eine ganz 
bestimmte elektrische Ladung — qualitativ und quantitativ gedacht — besitzt, 
dann wird ein bestimmter Grad der Hydratation vorhanden sein. Ändert sich jene, 
dann wird diese zu- oder abnehmen. Mit der Änderung der elektrischen Ladung 
1 Ph. S. 46. 
? 
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
     
ch
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.