Full text: Lehrbuch der physiologischen Chemie

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B-Oxydaticn an. Derartige Fettsäuren nehmen wir in der Nahrung in der Regel 
nicht vorgebildet auf. Sie können jedcch beim Abbau bestimmter Eiweißbausteine, 
die zum Teil Aminoderivate vcn einfachen Fettsäuren sind, entstehen. 
Wir gingen bei der Prüfung der Frage, wie in unserem Organismus Fettsäuren 
abgebaut werden, von der Beobachtung aus, daß bei Menschen, die an Diabetes 
melitus leiden, Azetonkörper auftreten können. Es sei hier eingefügt, daß auch 
dann Azeton im Harn anzutreffen ist, wenn‘ ein längere Zeit umfassender 
Hungerzustand vorliegt. Schließlich tritt es auch auf, wenn in der Nahrung 
Kohlenhydrate fehlen, bzw. an Menge sehr gering sind, und zugleich große Fett- 
mengen aufgenommen werden. Auf den ersten Blick haben wir den Eindruck, als 
wären die Bedingungen für das Auftreten von Azeton recht verschiedenartige. Bei 
genauerer Betrachtung erkennen wir jedoch, daß in allen angeführten Fällen ein 
stark eingeschränkter Kohlenhydratumsatz vorhanden ist. Beim Diabetes bleibt 
Zucker unausgenutzt liegen, im Hungerstadium werden, wie schon S. 21 bemerkt, 
zunächst vorwiegend Kohlenhydrate verbraucht, dann überwiegt, wenn diese 
an Menge abnehmen, der Fettumsatz, Beim letzten der angeführten Beispiele ist 
die Kohlenhydratzufuhr sehr stark herabgesetzt und die Fettzufuhr hoch ge- 
halten. Nun liegt noch die folgende, sehr wichtige Beobachtung vor. Leitet man 
Fettsäuren mit gerader C-Atomzahl durch eine an Glykogen reiche Leber, dann 
unterbleibt die Azetonbildung. Man hat von einer antiketogenen Wirkung 
gesprochen. Im gleichen Sinne wirkt unter anderem auch der Traubenzucker. 
Allem Anschein nach greifen aus dem Kohlenhydratstoffwechsel hervorgehende 
Produkte in den Fettsäureabbau ein. Interessanterweise ist Azeton schwer an- 
greifbar. Es wird bezweifelt, ob es unter normalen Verhältnissen zur Bildung 
größerer Mengen von solchem kommt, d.h. mit anderen Worten, es ist nicht 
gesagt, daß der Abbau der Fettsäuren über Azeton zu den Stoffwechselend- 
produkten CO, und H,O führt. Wir haben ein sehr schönes Beispiel für das schon 
in der ersten Vorlesung (vgl. S. 3) begründete Erfordernis vor uns, jeden Be- 
fund in sorgsamster Weise auf seine Übertragbarkeit auf im normalen Organismus 
vorhandene Verhältnisse zu überprüfen. Ein und dasselbe Organ — die Leber — 
liefert das eine Mal Azeton und das andere Mal nicht! Ist nun die Schlußfolge- 
rung unbedingt richtig, daß es in der kohlenhydratreichen Leber nicht zu dessen 
Bildung kommt? Man kann einwenden, daß entstandenes Azeton sofort weiter 
verwandelt wird, und wir es deshalb nicht fassen können. In diesem Falle wäre 
der Ausdruck antiketogen nur insofern richtig, als es nicht zum Verweilen bei 
der Abbaustufe Azeton kommt. Praktisch ist auf alle Fälle hochbedeutsam, daß 
man die Azetonkórperbildung beim Diabetes melitus durch Kohlenhydratzufuhr 
einschränken kann. Wir erkennen in der Beeinflussung des Abbaus der ß-Oxy- 
buttersäure und der Azetessigsäure und evtl. des Azetons durch von einem anderen 
Nahrungsstoff herkommende Verbindungen einen sehr wichtigen Hinweis auf die 
grundlegende Tatsache, daß es keinen für sich bestehenden Fett-, Kohlenhydrat- 
und Eiweißstoffwechsel gibt, vielmehr sind diese in Gestalt bestimmter Abbau- 
stufen sehr innig miteinander verknüpft. Wir werden noch erfahren, daß es 
Eiweißbausteine gibt, die auch Azeton zu liefern vermögen, während andere 
Beziehungen zu Kohlenhydraten haben (somit antiketogen im obenerwähnten 
Sinn wirken können). Es besteht ferner die Möglichkeit, daß beim Zucker- 
abbau auch ß-Oxybuttersäure entsteht. Es sind die Verbindungen der 2- und 
3-Kohlenstoffreihe, von denen aus Verbindungswege von einer Stoffgruppe 
zu anderen führen. Von bislang noch nicht eindeutig festgestellten Abbau- 
stufen der Kohlenhydrate dieser Art dürfte der Weg. von diesen zu der Fett- 
säuresynthese führen. 
Abderhalden, Physiol, Chemie, 9. u. 10. Aufl. 3 
 
	        
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