Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 1. Band)

Schraube. 
schiefe Ebene; jedoch tritt in der Wirklichkeit, was freilich an dem Princip 
nichts ändert, an die Stelle der Ebene häufig ein dreikantiger oder vierkantiger 
Stab. Das Gewinde passt genau in die entsprechend vertieft gearbeitete 
Schraubenmutter. . Ist die letztere, was der häufigere Fall ist, fest, denkt man 
sich das Ganze vertikal und lässt man am Kopfe der Schraube eine horizontale 
Drehkraft wirken, so steigt die Schraube, je nach der Drehrichtung und der 
Schnittrichtung des Gewindes (man unterscheidet rechtsgewundene und links- 
gewundene Schrauben) entweder in die Höhe oder in die Tiefe, kann also in 
jenem Falle eine Last heben (Schraubenwinde), in diesem einen Druck ausüben 
(Schraubenpresse) Ist Q diese Last oder dieser Druck, so ergiebt die Auffassung 
der Schraube als einer schiefen Ebene (zweiter der beiden oben unterschiedenen 
Fälle), sofort, wenn » der Spindelradius und % die Hohe eines Schraubenganges 
ist, die Gleichung 
= 55 0 = Q0 
d. h. die Kraft verhält sich zur Last wie die Ganghôhe zum Spindel- 
umfang, oder sie ist gleich dem Produkt der Last mit der Tangente des 
Steigungswinkels. Es würde hiernach Kraftersparniss stattfinden, wenn der 
Steigungswinkel « < 45°, also die Ganghôhe kleiner als der Spindelumfang ist — 
ein Schluss, der jedoch durch die sehr beträchtliche Reibung der Schraube in 
der Mutter hinfällig gemacht wird. Dieser Reibung verdanken es die Schrauben, 
dass sie weit weniger als Kraftmaschinen als vielmehr einerseits als Be- 
festigungsvorrichtungen, andererseits als Messungsvorrichtungen be- 
nutzt werden.!) In ersterer Hinsicht sind die Druck- und Klemmschrauben, 
sowie die Schraubstöcke zu erwähnen und auf die Propfenzieher hinzuweisen, 
welche insofern ein instructives Beispiel abgeben, als von ihnen diejenigen Con- 
structionen, welche die Schraube als Kraftmittel verwenden wollen, sich fast 
immer als unpraktisch erwiesen haben, nicht aber diejenigen, bei welchen die 
Schraube nur als Reibungsmittel, als Kraftmittel aber die Muskelkraft mit Hebel- 
oder Zahnradunterstützung benutzt wird. Für die Physik sind die Schrauben 
gerade in der letzterwähnten Hinsicht am wichtigsten, nämlich als Stell- und 
Messschrauben, weil bei ihnen eine verhältnissmässig beträchtliche Drehung nur 
eine sehr kleine Hebung oder Senkung resp. Fortrückung hervorruft; die Mikro! 
meterschraube, das Sphärometer und die Theilmaschine sind Beispiele (s. Art. 
»Grundbegriffe«). 
Die Schraube ohne Ende, welche nur wenige Gänge und keine Mutter 
hat, dient zur Uebertragung der Bewegung auf ein Zahnrad, in dessen Zähne die 
Gänge eingreifen. Hängt die Last an dem mit diesem Zahnrad verbundenen Ge- 
triebe und wirkt die die Schraube drehende Kraft, wie dies gewöhnlich geschieht, 
nicht am Schraubenkopf selbst, sondern an einer Kurbel, so ist, wenn » der 
Radius des Getriebes, X der des Zahnrades, p der der Spindel und / der der 
Kurbel, endlich 4 die Ganghóhe der Schraube ist: 
p 4 r hr : 
WARE IIO dE RO 
der Spindelradius fállt aus der Formel ganz heraus. 
Keil Dieses Werkzeug dient zur Trennung von Theilen eines Kórpers, zu 
deren direkter Trennung entweder der günstigste Punkt nicht zugánglich ist oder 
2 
!) Eine Ausnahme von freilich immenser Bedeutung bildet die Schiffsschraube, die aber, da 
die Mutter hier durch das flüssige Wasser dargestellt wird, mehr in die Hydrodynamik als hier- 
her gehórt. 
     
      
     
  
  
  
  
  
  
  
   
    
  
  
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
  
  
    
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