Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 1. Band)

18 Beschleunigung. 
Zug selbst bewegt sich aber relativ gegen die Erde, die Erde ihrerseits gegen 
die Sonne und endlich die Sonne gegen die übrigen Fixsterne. Handelt es 
sich, wie zumeist in der Physik, um irdische Bewegung, so bedient man sich 
trotzdem nicht selten beider Ausdrücke und zwar des Ausdruckes absolute Be- 
wegung für die Bewegung eines Körpers relativ zur Erdoberfläche, des Ausdruckes 
relative Bewegung für die Bewegung eines Körpers relativ zu einem anderen 
Körper, der selbst seine Lage gegen die Erdoberfläche verändert. Dieselbe Be- 
deutung haben alsdann auch die Ausdrücke absolute und relative Geschwindigkeit 
Beschleunigung. Der Fall, dass eine Bewegung mit constanter Ge- 
schwindigkeit ausgeführt wird, ist offenbar ein sehr spezieller; im Allgemeinen 
wird die Geschwindigkeit sich stetig ándern; man kann dann nur von der Ge- 
schwindigkeit in einem bestimmten Momente sprechen und hat darunter den 
durch ein folgendes, sehr kleines Zeittheilchen dividirten, in demselben zurück- 
gelegten Weg zu verstehen. Bei einer solchen Bewegung kann die Geschwindig- 
keit entweder zunehmen oder abnehmen. Im ersten Falle heisst die Bewegung 
eine beschleunigte, im letzteren eine verzógerte; entsprechend kónnte man die 
Zunahme oder Abnahme der Geschwindigkeit als Beschleunigung oder Ver- 
zôgerung bezeichnen; man bedient sich aber ausschliesslich des Ausdruckes Be- 
schleunigung, indem man demselben den Charakter einer algebraischen Grósse 
giebt, welche je nach den Umständen positiv oder negativ ist. Eine spezielle, 
aber sehr häufig vorkommende Bewegungsart ist die gleichförmig beschleunigte, 
bei welcher also die Beschleunigung einen constanten Werth hat. 
Impuls und Kraft. Wir haben oben festgesetzt, dass wir die gleichförmige 
Bewegung der Körper, also auch speziell ihre Ruhe, als eine Folge lediglich 
ihres eigenen Beharrungsvermögens ansehen, dagegen jede andere Bewegung als 
Wirkung einer Kraft betrachten wollen. Wir gelangen jetzt dazu, eine Unter- 
scheidung zu machen zwischen Impuls und Kraft im engeren Sinne. Wenn ein 
Kórper, der ursprünglich in Ruhe war, in einem bestimmten Augenblicke eine 
gleichfórmige Bewegung annimmt, oder, allgemeiner, wenn ein in gleichfórmiger 
Bewegung von einer bestimmten Geschwindigkeit begriffener Kórper in eine eben- 
falls gleichfórmige Bewegung, aber von anderer Geschwindigkeit, in einem be- 
stimmten Augenblicke übergeht, so ist für die ganze Erscheinung vor und nach 
jenem Augenblicke das Beharrungsvermógen zum Verstündnis ausreichend, und 
nur für jenen Augenblick selbst bedarf es der Einführung einer Kraft. Eine 
solche momentan wirkende Kraft wird zweckmässig ein Impuls genannt, und 
das Maass ihrer Grosse ist die dem Korper ertheilte resp. neu hinzuertheilte Ge- 
schwindigkeit. Wenn dagegen ein Körper, der ursprünglich in Ruhe oder in 
gleichförmiger Bewegung begriffen war, eine beschleunigte (oder verzögerte) Be- 
wegung annimmt, oder wenn ein bereits in beschleunigter Bewegung begriffener 
Kórper diese Bewegung mit derselben oder einer anderen Beschleunigung fort- 
setzt, so ist es offenbar erforderlich, die Wirkung einer dauernden Kraft anzu- 
nehmen. Gewöhnlich bezeichnet man ausschliesslich eine solche Kraft als Kraft, 
und ihr Maass ist die dem Körper ertheilte oder neu hinzuertheilte Beschleunigung. 
Sowohl für den Impuls als auch für die Kraft kommt indessen noch ein 
anderer Umstand wesentlich mit in Betracht, nämlich der Umstand, dass zwei 
verschiedene Körper unter gleichen Umständen nicht dieselbe Geschwindigkeit 
annehmen, also nicht denselben Impuls erfahren, und dass sie unter gleichen 
Umständen nicht dieselbe Beschleunigung erhalten, also nicht dieselbe Kraft- 
wirkung erfahren. Vielmehr ist die Wirkung eine in demselben Verhältniss 
kleinere, in welchem die Masse des Körpers eine grössere ist. Der Impuls, 
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