Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 1. Band)

      
   
   
    
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
   
  
   
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
   
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Absolutes Maass. 23 
Man kann hiernach die Aufgabe der Physik — in völliger Analogie mit 
derjenigen der Chemie — dahin präcisieren, dass sie die qualitativen Verwand- 
lungen der Energie, sei es aus potentieller in aktuelle, sei es aus solcher von 
einer in solche von einer andern specifischen Art, zu beschreiben hat. Will man 
weiter gehn, so kann man hinzufügen, dass sie schliesslich alle diese Formen 
der Energie auf eine einzige zurückzuführen hat (wiederum in Analogie mit der 
Chemie.!) F. AUERBACH. 
Absolutes Maass und absolute Einheiten. 
I. Bedeutung und Definition des absoluten Maasses. Die Erforschung 
der mannigfaltigen Vorginge und Erscheinungen, welche in das Gebiet der 
Physik gehören, beginnt der Natur der Sache nach mit einer Beschreibung und 
Umschreibung der in Betracht kommenden Thatsachen. Der nächste Schritt 
besteht in der Ableitung. von Regeln, welche gestatten, den Verlauf der Er- 
scheinung unter gegebenen Verhältnissen im Allgemeinen vorauszubestimmen. 
Schliesslich wird man versuchen, den Vorgang durch eine Reihe von Zahlen- 
gróssen darzustellen, welche durch eine oder mehrere Gleichungen so zusammen- 
hängen, dass der eine Theil jener Grössen berechnet werden kann, wenn die 
übrigen gegeben sind. Ein solches Gleichungssystem kann man als das Gesetz 
der Erscheinung bezeichnen. 
Die meisten physikalischen Gesetze wurden zuerst in der Form von Pro- 
portionen aufgestellt. Diese Form darf aber noch nicht als die endgiltige ange- 
sehen werden. So findet man z. B. bei der Untersuchung der Fallbewegungen 
zuerst und verhältnissmässig leicht, dass sich die Fallräume wie die Quadrate 
der Fallzeiten verhalten. Die wirkliche Berechnung des Fallraumes aus der 
Gleichung: 
s=4gf 
erfordert aber noch die Kenntniss einer, gewóhnlich mit g bezeichneten Con- 
stanten. Der Werth derselben muss durch Beobachtungen festgestellt werden. Nur 
wenn auch g bestimmt ist, von: welcher Grosse ja auch die Fallgeschwindigkeit 
abhängt, sehen wir das Problem als völlig gelöst an. 
Wir benützen dieses Beispiel zu einer weitergehenden Betrachtung. Man 
übersieht leicht, dass die in die obige Gleichung einzusetzende Zahl von der 
Wahl der Einheiten für die Länge und für die Zeit abhängt. Benutzt 
man das Meter und die Secunde, so ist g— 9:806 für mittlere Breiten. Ist 
das Centimeter die Längeneinheit, so ist g = 9806, und ist das Meter Längen- 
einheit, die Minute aber Zeiteinheit, so ist g = 353016. Diese Zahlen ergeben 
sich aus der Erwügung, dass stets (nach der Gleichung) £/, der bei dem freien 
Fali in der Zeiteinheit zurückgelegte Weg ist. In ähnlicher Weise hängen die 
Zahlenwerthe der meisten physikalischen Gróssen von mehreren Einheiten ab. 
Für die Ausführung von Rechnungen mit denselben, besonders wenn mehrere 
verschiedenartige Gróssen in. derselben Gleichung auftreten, ist es durchaus er- 
forderlich, diese Abhängigkeit von den zu Grunde liegenden Einheiten zu kennen 
und dem entsprechend die richtigen Zahlenwerthe zu benutzen. 
1) Ein Grenzgebiet zwischen den beiden Wissenschaften ist die »Physik der Materie« oder 
»Molecularphysik«; s. das grosse Werk von O. LEHMANN, »Molecularphysik«. Lpz. 1888, Bd. I.
	        
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