Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 1. Band)

   
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Absolutes Maass. 
Wenn man sich früher meist mit der Ableitung physikalischer Gesetze in 
Form von Proportionen begnügte, so wurden auch für die meisten physikalischen 
Constanten (z. B. Leitungsfühigkeiten für Wärme und Electricität, Reibungscoéffi- 
cienten von Flüssigkeiten etc.) zuerst nur relative Werthe ermittelt; d. h. es wurde 
die betreffende Constante für einen beliebigen Kórper als Einheit genommen, so 
z. B. die Leitungsfühigkeit des Silbers oder Quecksilbers gleich eins gesetzt. Je 
weiter indess die physikalische Forschung fortschreitet, um so mehr macht sich 
das Bedürfniss geltend, die physikalischen Grössen nicht mehr in relativem, 
sondern in einem, wie wir es im Gegensatz dazu nennen wollen, absolutem 
Maass auszudrücken. 
Wir geben von dieser Bezeichnung die tolgende Definition: 
Eine physikalische Grösse ist in absolutem Maass bestimmt, 
wenn die dieselbe ausdrückende Zahl nicht auf eine willkürliche, 
sondern auf eine bestimmte Einheit derselben Grössenart bezogen 
ist, auf eine Einheit, welche, entsprechend ihrer Definition, von ge- 
wissen Fundamentaleinheiten abhängt, die allen physikalischen 
Grössen gemeinsam sind. 
Dass die verschiedenen, physikalischen Grössen, welche zusammen in der- 
selben Gleichung auftreten, nothwendig in dem eben definirten Sinne auf das- 
selbe absolute Maass bezogen werden müssen, haben wir schon hervorgehoben.) 
Aber auch sonst hat die Benutzung absoluter Werthe vor relativen grosse Vor- 
züge. Grössen, welche an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten 
beobachtet wurden, können ohne weiteres mit einander verglichen werden, wenn 
sie nicht auf willkürliche, sondern auf absolute Einheiten bezogen wurden. Aus 
diesem Grunde hat zuerst F. Gauss?) eine wirkliche Messung nach absolutem 
Maass vorgenommen, indem er die Stürke des Erdmagnetismus auf eine Einheit 
bezog, welche durch die Einheiten der Länge, der Zeit und der Masse bestimmt 
war. Den náchsten und erfolgreichsten weiteren Schritt in der Messung nach 
absolutem Maass that W. WEBER3), welcher die electrischen Gróssen auf absolute 
Einheiten zurückführte. In neuerer Zeit ist die Lehre vom absoluten Maass 
mehrfach in Zusammenhang dargestellt worden. Wir nennen speciell: 
EvERETT. Units and physical Constants. London 1879. 
H. HErwic, Physikalische Begriffe und absolute Maasse. Leipzig 1880. 
A. SERPIERI. Die mechanischen, elektrostatischen vnd elektromagnetischen 
Einheiten. Aus dem Italienischen von R. von REICHENBACH. A. HARTLEBEN'S 
Verlag 1885. 
CL. MAXWELL. A treatise of Electricity and Magnetism. Oxford 1873. (Ueber- 
setzt von B. WEINSTEIN 1883.) Bd. II, Cap. ro. 
F. KonrRAuscH. Leitfaden der practischen Physik. Leipzig 1887, pag.311— 332. 
IL Die Grundeinheiten. Bei der Erörterung der . Auswahl derselben 
möchten wir betonen, dass es sich dabei um eine Frage der Zweckmässigkeit 
handelt, dass also die Entscheidung für die eine oder andere Gruppe von Ein- 
7) Von diesem Gesichtspunkt aus giebt schon M. FOURIER in seiner berühmten: Théorie 
analytique de la chaleur Section IX. eine eingehende Untersuchung der in der Würmetheorie vor- 
kommenden Gróssen. Insbesondere mag bemerkt werden, dass derselbe den Ausdruck > Di- 
mension« der Gróssen ganz in dem jetzt gebrüuchlichen Sinne benutzt. Deutsche Ausgabe 
von B. WEINSTEIN. Berlin 1884, pag. 95—08. 
7) Intensitas vis magneticae terrestris ad mensuram absolutam revocula Göttingen. 1832. 
Gauss Werke 5, pag. 80. 
3) Elektrodynamische Maassbestimmungen. Abhd. II. und III. (1852.) Abhd. IV. (1857.) 
  
   
  
  
  
   
   
    
  
  
  
  
  
   
  
  
  
    
   
  
  
  
  
    
    
      
   
   
  
  
    
  
  
   
      
    
    
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