752 Longitudinalschwingungen tönender Körper.
Die Luft kommt demnach vor allem als ein schalleitendes Medium in
Betracht. Aber wir wissen, dass dieses Medium auch im Stande ist, als primär
schwingender Körper mit stehenden Schwingungen aufzutreten und so wie
ein anderer schwingender Körper Töne zu liefern. Wir haben es also bei
den Gasen, insbesondere bei der Luft, auch mit demjenigen Medium zu thun,
welches bei der überaus grossen und mannigfachen Gruppe der Blasinstrumente
die Rolle spielt. Hierbei kommt die Luft durchweg in einer begrenzten Form
vor, feste Wände hüllen eine! Luftmasse ein, diese Luftmasse gerüth in stehende
Longitudinalbewegungen, diese theilen sich der übrigen weiten Luftmasse mit,
werden hier zur fortlaufenden Longitudinalbewegung, um zuletzt sich wieder auf
unser Ohr zu werfen und das Trommelfell in eine stehende Transversalbewegung
zu versetzen.
Unendlich mannigfaltig kann die Begrenzung der Luftmasse bei den Blas-
instrumenten sein, wie wir ja schon daraus erkennen, dass fortwührend unter
unseren Augen neue Formen von Instrumenten erfunden und practisch ver-
werthet werden. Es kann nicht in unserer Absicht liegen, uns hier weiter zu
verbreiten, vielmehr müssen wir uns beschränken auf die einfachsten Formen
und diese sind die cylindrischen oder prismatischen geradlinigen Röhren-
formen, das was man auch wohl mit dem Namen einer »Luftsäule« bezeichnet.
also auch das, was in der Praxis als »Orgelpfeife« figurirt. Hierbei wollen wir
aber gleich bemerken, dass, wenn wir jetzt von den Schwingungen und Tönen
einer Orgelpfeite reden, wir nur die sogenannten »Labialpfeifen« meinen, dass
dagegen nicht an die »Zungenpfeifen« gedacht werden soll. Diese letzteren,
bei denen ja, wie bekannt, vor allem eine schwingende Lamelle, also ein
transversalschwingender Kórper vorkommt, sind tongebende Kórper anderer
Art und kommen hier jetzt nicht zur Betrachtung.
9) Man sollte meinen, dass die Orgelpfeife, die schon Jahrhunderte hindurch
als tongebender Kórper verwendet wird und mit ihren Tónen das ganze Wesen
des Menschen zu ergreifen vermag, indem sie ja recht eigentlich ihre Ver-
wendung beim Gottesdienste findet, man sollte meinen, dass ein solcher Apparat,
mit dem sich so überaus viele Theoretiker und Praktiker beschäftigt haben,
nach jeder Richtung hin erkannt sei und dass man kaum bei ihm noch
eine Frage aufwerfen könne, die nicht sofort ihre Beantwortung erhielt. Dem
ist aber nun ganz und gar nicht so, vielmehr müssen wir heute noch gestehen,
dass der Bewegungsvorgang und Schwingungsvorgang bei der Luft, die ja das
tönende Element bei der Orgelpfeife abgiebt, keineswegs vollkommen erforscht
und erkannt ist, ja man muss, trotz aller Untersuchungen, die namentlich auch
in neuerer Zeit gemacht worden sind, gestehen, dass die Frage über die eigent-
liche Entstehunng des Tones bei den Orgelpfeifen noch nicht endgültig gelöst ist,
nicht so gelöst ist, dass man sagen kann: man übersehe klar und deutlich den
Zusammenhang der einzelnen Factoren, man habe nicht mehr mit Vermutungen
und einem wenig beweisenden Raisonnement, sondern mit vollgültigen Beweisen
und zwar vollgültigen experimentellen Beweisen zu thun. Denn dass mit Redens-
arten wie z. B. »der aus der Stimmritze kommende Luftstrom bricht sich an der
Oberlippe und erzeugt so stehende Wellen etc.« nichts gewonnen ist, leuchtet ein.
Ich halte an der, auch in meiner »Akustik« vertretenen Auffassung fest, nämlich
an der Auffassung, dass die Tóne der Orgelpfeifen »T'óne stárkster Resonanz«
sind und dadurch zu Stande kommen, dass der aus der Stimmritze austretende
Luftstrom gegenüber der Oberlippe einen Reibungston erzeugt, der mit der
Schnelligkeit der Luftausstrómung an Höhe wächst, der ferner von der Stellung
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