Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 1. Band)

  
  
  
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768 Zusammenklang der Tône. 
Das Gesetz der Obertône bei einer solchen Saite ist das der natürlichen Zahlen, 
der pythagorei'schen Zahlen, also der Zahlen 1, 2, 3... Man pflegt diese Ober- 
tóne bei Saiten auch »Flageolettóne« zu nennen. Da das Gesetz in móg- 
lichster Strenge befolgt wird, so sind die Obertóne 1, 2, 3 und 5 wie deren 
Vielfache bei den transversalschwingenden Saiten auch als harmonische zu 
bezeichnen: ein Umstand, an welchen sich im Laufe der Zeiten eine merkwürdige 
Spekulation angeknüpft hat. 
Alle andern transversalschwingenden Körper besitzen Obertöne, welche nicht 
das Gesetz der natürlichen Zahlen befolgen und nennt man daher solche Ober- 
tóne »unharmonische«. Für einen an beiden Enden freien Stab z. B. verhalten 
  
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sich die Obertône wie die Quadrate von ( 5 1, wenn man hierin für z die 
Zahlen 1, 2, 3 . . . als Ordnungszahlen der betr. Obertóne einsetzt. Der (zt + 1) 
Oberton zum zten verhált sich demgemäss wie 
$9.7 2. /5) 2 
(Bret) : (25:1) = (22 + 3)2: (22 + 1)2. 
Bezeichnet man die Schwingungszahl des Grundtons mit 1, so wiirde die 
Zahlenreihe für die náchsten Obertóne folgende sein: 
1; 9777; 5/44: 9:00: 1344 . . ., 
Woraus man erkennt: erstens, dass die Schwingungszahlen rasch wachsen und 
zweitens, dass sie Tönen angehören, von denen die auf den Grundton nichst- 
folgenden zu diesem unharmonisch sind. 
In áhnlicher Weise sind die Obertóne transversalschwingender Platten, ferner 
die der glockenfórmigen Kórper und ebenso die der Membranen unharmonisch. 
Die Angaben über die Schwingungszahlen dieser Obertóne mógen hier unter- 
bleiben und verweise ich speciell auf die Darstellungen in meiner »Akustik« ?). 
8) Bisher batten die Obertóne eines schwingenden Kórpers für uns nur in 
so fern Bedeutung, als wir einen jeden einzelnen Oberton, für sich allein be- 
stehend, auffassten und noch nicht weiter an die Móglichkeit dachten, dass auch 
gleichzeitig zwei und mehr Obertóne zusammen erklingen kónnen. 
Dieses letztere Phánomen ist es aber gerade, welches unsere Zeit, wenn von 
Obertónen die Rede ist, vorzugsweise im Auge hat. Thatsache ist ndmlich: dass 
wenn irgend ein schwingender Körper zum Tönen gebracht wird, er 
allermeistens nicht blos einen seiner Obertöne, sondern gleichzeitig 
deren zwei, drei oder mehr hören lässt, daher rührend, dass der be- 
treffende Körpergleichzeitigsichin verschiedenePartialabtheilungen 
theilt, welchen verschiedenen Abtheilungen je ein Oberton entspricht. 
Es gehen also von dem schwingenden Kórper gleichzeitig zwei oder mehr Tóne 
aus, entsprechend dem, was wir von einem leuchtenden Körper wissen, der ja 
auch meistentheils mehrere Farben gleichzeitig aussendet. Die zweite merkwürdige 
'Thatsache ist die: dass unser Ohr im Stande ist, die einzelnen Ober- 
tóne, welche gleichzeitig ausgesendet werden, vielfach auch einzeln 
zu erkennen, einzeln zu hóren, um sich hierdurch wesentlich vom 
Auge zu unterscheiden, welches nicht die einzelnen Farben aus einem 
ihm überlieferten Farbengemische allein zu erkennen vermag. 
Vor allem erhebt sich nun die wichtige Frage: seit wann kennt man 
diese merkwürdige Thatsachevom gleichzeitigen Erklingen und Wahr- 
nehmen der Obertóne? Man sollte meinen, dass diese Thatsache bereits den 
1!) Leipzig bei Brockhaus 1883. 
       
   
    
  
  
  
   
   
      
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
  
  
  
  
   
     
    
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